Diese Vergötterung des GG befremdet mich immer. Es ist nicht das destillierte Resultat der gesamten Menschheitsgeschichte, das ist doch Unsinn. Es ist 1949 unter gewissen Umständen von gewissen Leuten so verabschiedet worden. Seitdem 60 mal angepasst. von ca. 150 Paragraphen beschäftigen sich 131 oder so nur mit Checks&Balances, als die Art wie wir streiten/diskutieren. Über die Art wie wir leben sagt das GG da NICHTS. Dann die ersten 19 Artikel, auch geändert, in sich konkurrierend und tagesaktuell vom Verfassungsgericht so ausgelegt (in seinen Widersprüchen und Konkurrenzen), wie es zur momentanen Gesellschaft passt.
Das GG ist ein Baustein. Es sollte uns wichtig sein. Aber es ist sicher nicht die alleinige Basis für unser Zusammenleben. Kann es nicht sein, das ist aus meiner Sicht absurd und mir kommt das hilflos vor, weil man sonst keinen Halt mehr hat bzw. die Diskussionen scheut, die aber nicht zu umgehen sind.
Konkret: nicht alles ist GG-kompatibel, aber fast alles. Wenn hier, theoretisch, 100% Khomeinis leben würden, müssten sie sich an die Strukturen des GG halten, d.h. mit Kanzler, Ländern, bundesrat etc. wie vorgegeben agieren. Aber ob Fasten im Ramadan bestraft wird oder Nicht-Fasten bestraft wird, das ist dem GG vollkommen schnuppe. Das muss jede Generation und momentane Bevölkerung für sich ausmachen.
Was nicht heißt, dass solche Fragen schnuppe sind - nur dem GG ist es schnuppe.
Kopiert aus "ZEIT-Online"