Die Abgasaffäre um den VW-Konzern hat ein aussergewöhnliches Ausmass angenommen. Nüchtern betrachtet, ist der Fall ziemlich alltäglich.
Von Silvio Borner
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Die naive Vorstellung von Umweltregulierungen ist die, dass eine wohlmeinende Politik aufgrund sicherer wissenschaftlicher Grundlagen objektive Grenzwerte setzt, die von Produzenten und Konsumenten strikte eingehalten werden, um die Welt vor dem Untergang zu retten. Die politökonomische Perspektive sieht die Regulierung ganz anders, nämlich als ein strategisches Spiel zwischen Regulatoren und Regulierten. Dabei sind die Regulierten häufig alles andere als passive Adressaten, sondern sie treiben die Vorschriften selber voran, um Wettbewerbsvorteile zu erlangen oder die Regulierungsbehörden zu beherrschen (regulatory capture).
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Für Hybridfahrzeuge wurden Vorschriften erlassen, die als grober Unfug zu taxieren sind. So soll ein SUV-Zweitönner nur gerade mal zwei Liter auf 100 Kilometer verbrauchen. Realität und Prüfstand klaffen immer auseinander. VW ist hier einen fatalen Schritt weitergegangen, wohl in der Hoffnung, dass die Prüfer dies nicht merken oder durchgehen lassen. Dass es gerade die USA waren, die den europäischen Hauptkonkurrenten ins Visier nahmen, ist wohl nicht nur klimapolitisch motiviert gewesen.
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Für einmal ist jetzt VW in diesem Wettlauf bös Zweiter geworden. Aber der Wettlauf wird weitergehen. Und die Regulierungsschrauben werden sich weiter drehen. So gesehen sind regulatorische Spiele Negativsummenspiele ohne ökologischen Nutzen, aber mit wachsenden volkswirtschaftlichen Kosten. Mein eingetauschter Wagen ist wegen der neuen Normen als Occasion in der Schweiz unverkäuflich geworden. Er wird deshalb in den Nahen Osten exportiert. Dort wird er noch mindestens zehn Jahre munter weiter gleich viel Abgas ausstossen. Mein Umtausch ist somit auch klimapolitisch wertlos.
http://www.weltwoche.ch/ausgaben/2015-4 ... 12015.html
Richtig erkannt, die Amis könnten sich selber an der Nase nehmen, soviel Dreck wie sie und die Chinesen in die Umwelt verpuffen lassen, lässt keine guten Gedanken aufkommen. Aber andere massregeln ist besonders für die Amis von grosser Bedeutung und sie auch in den Ruin treiben ist längst zum Volksport geworden.