Mission Arbeitswelt ändern – Die alten Zöpfe müssen ab.
Kennen Sie das? Das alte Kleid passt nicht mehr - das neue wurde noch nicht geliefert, und es findet sich auch noch nichts im Schrank was dazu passen könnte. Dazwischen liegen Prozesse, denen man staunend oder ängstlich seinen Lauf lassen kann. Stur auf der Bremse stehen, wird jedenfalls nicht helfen.
Überzeugungsarbeit ist anstrengend, aber zuweilen kommt einem der Zeitgeist spielend zu Hilfe. Eine wunderbare Reportage, die ich allen nur empfehlen kann. Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist längst eingebettet in einen viel größeren Kontext: Vereinbarkeit von Beruf und Leben.
Hieß es vor Jahrzehnen noch: Frau Müller zum Diktat *mööööp „smile“-Emoticon , oder wie die in der Reportage vorgestellte junge Vortragende, Steffi Burkhard, aus ihren ersten Berufserfahrungen in einem großen Unternehmen erzählt: "Frau Burkhard benutzen Sie bitte den Handlauf (Treppengeländer), wenn Sie nach unten gehen", hat die neue Generation andere Ansprüche an ihr Arbeitsleben. Und diese Ansprüche treffen aktuell auf ziemlich fruchtbaren Boden, denn der Fachkräftemangel ist schon da! 6,5 Mio. Arbeitnehmer sollen im Jahr 2025 dem Arbeitsmarkt fehlen. Und wer als Unternehmer da zu spät kommt, den bestrafen irgendwann gähnend leere Büroräume.
Und dennoch: Ein großer Teil der Beschäftigten von heute macht noch immer Dienst nach Vorschrift, und jeder fünfte Mitarbeiter soll lt. Studien seinem Arbeitsleben gegenüber destruktiv eingestellt sein. Die Hauptgründe, die dafür genannt werden, sind neben einem miesen Führungsstil, die schlechte Ausstattung am Arbeitsplatz, aber auch verkrustete innerbetriebliche Strukturen, aufrecht erhalten von ebenso verkrusteten Vorgesetzten, die u.a. allein aus der Dauer ihrer Dienstzeit oder dem ihnen einmal verliehenen "Pupskissen" einen Anspruch auf Gehorsam an die nächste Generation ableiten. Kommt nicht so gut
. Wie hartnäckig sich solche Strukturen trotz unaufhaltsamem Wandel in diesem Land halten können, sehen wir an landauf landab völlig untüchtigen Verwaltungsapparaten, die eigentlich fast nichts Kreieren außer neue Bremsklötze.
Wie kommt es, dass ein Großteil der nachwachsenden Generation sich ungeschriebenen Regeln und deutlich zur Schau getragenen Werten nicht mehr bedingungslos anschließen möchte; dieser Frage geht die Reportage auf sehr anschauliche Weise nach. Das demokratische Verständnis übertragen sie in ihr eigenes Leben; es überholt die pedantische Ordnung, den unterwürfigen Gehorsam, die Aufopferung für den Betrieb auf Kosten der eigenen Bedürfnisse, der Freude am Tun bis hin zur Gefährdung der eigenen Gesundheit. Und von daher kann man mit ziemlicher Sicherheit annehmen, dass eine gelingende Vereinbarkeit von Beruf und Familie schon bald nur noch ein Baustein des kommenden Wertewandels sein wird; auf jeden Fall aber wird es nichts mehr sein, was mühselig dem Arbeitgeber abgerungen werden muss. Und darauf freue ich mich ganz besonders!
Ich mag diese Generation, die auf Vielfalt und Mitbestimmung setzt, und die irgendwann auch die Drohung, den Job deswegen einmal wechseln zu müssen nicht mehr schrecken kann. Im Beitrag wird es auf den Punkt gebracht:
Es geht um Augenhöhe statt stumpfsinniger Hierarchie.
Die Arbeit muss Sinn und Spaß machen!
Diese Reportage zeigt auf anschauliche Weise, dass diese Wünsche nicht begrenzt bleiben auf innerbetriebliche Abläufe. Der Wandel setzt sich fort, in der Form, dass materielle Werte ebenfalls infrage gestellt werden. Und damit wäre auch der reinen Profitgier der Kampf angesagt, die echter Anerkennung zunehmend weichen müsste. Und wenn ich das in den Unternehmen nicht bekomme, dann mache ich mich eben selbständig. Das Risiko zu scheitern wird zunehmend als geringeres Übel oder gar als persönliche Herausforderung empfunden.
Die Definition von Arbeit kann und wird nicht so bleiben. Die neue Generation will nicht mehr buckeln und ranglotzen. Verbunden mit den Möglichkeiten der digitalen Welt wird am Ende das Ergebnis zählen, ganz losgelöst vom Fleißigen, der noch mit maximaler Anwesenheitszeit glänzen konnte. Ein schönes Beispiel dafür sehen Sie ab Minute 2.20 bei der Firma Bosch und deren Forschungscampus Renningen. Hier investiert man ernsthaft in eine neue Arbeitskultur. Und wenn man dem vorgestellten Material trauen kann, unterscheiden sich die Gedankengänge dort doch erheblich von dem was in silicon valley so mehr nach "Work is no longer a place; it's my home" riecht.
An dem Zitat von Robert Schumann "Das Talent arbeitet, das Genie schafft" war schon immer was dran!
herzliche Grüße
Susanne Rowley
http://www.swr.de/betrifft/betrifft-rau ... index.html