Uel hat geschrieben:Das 1te Problem ist unsere Vergangenheit und den daraus abgeleiteten eingebildeten Tabus, die uns daran hindert, ohne moralinen Schaum vorm Mund über Einwanderungsgesetzgebung ernsthaft zu sprechen. Aber man ist noch nicht einmal so gescheit, sich das wenigstens einzugestehen und die Konsequenzen daraus zu ziehen, z. B. weil wir belastet sind, übernehmen wir einfach 1 : 1 die Migrationsgesetze eines unverdächtigen anderen Staates, - z. B. der Schweiz, da bräuchte man sie noch nicht einmal übersetzen und bräuchten uns nie mehr etwas Nazi-Zeitliches vorwerfen zu lassen.
Die Schweizer kommen mit dem dortigen Asylbewerberzustrom auch nicht klar, ebensowenig andere europäische Staaten ohne "deutsche Tabus" und sogar ohne koloniale Vergangeneit wie die Skandinavier. Und wenn ich mir das Konstrukt der Drittstaatenregelung sowie die deutsche Abschiebepraxis genau angucke, kann ich kaum etwas von einer spezifisch deutschen Schamhaftigkeit im Umgang mit dem Problem des Asylmissbrauchs feststellen. Die deutschen Tabus sind m. M. n. eher Gegenstand theoretischer Diskussionen als praktischer Politik.
Gemeinsam sind aber allen europäischen Staaten die von Dir unter den Punkten 2. - 6. aufgeführten Phänomene, die Herrschaft einer die Politik und damit die Demokratie dominierenden und der gesellschaftlichen Realität teilweise entrückten Justiz (siehe dazu unser neues Thema:
viewtopic.php?f=67&t=1811) und das faktische Primat der Wirtschaft bei allen langfristigen und globalen Gestaltungen der europäischen Politik.
Ich fürchte mittlerweile auch, dass die Schmerzgrenze noch nicht erreicht ist und dass eine Beseitigung der fundamentalen Konstruktionsfehler in den (Verfassungs-) Rechtsgrundlagen und internationalen Vertragswerken der demokratischen Welt derzeit nicht möglich ist. Vielleicht kommen in naher Zukunft wichtige Impulse dazu aus den USA, wo derzeit eine fanatische Mindereit ganz offen bekundet, den Staat zerstören zu wollen und damit auch noch beachtliche Teilerfolge erzielt, anstatt wegen Verfassungssabotage Politikverbot zu erhalten.