"Kurz nach Beginn des antikapitalistischen Protestzugs riegelten die Einsatzkräfte einen Teil der Demonstranten am Mittag ab und kesselten sie ein."
Ich fürchte, dass es für die politischen Perspektiven der Protestbewegung gar nicht gut ist, wenn die Protestierer das politische Wesen des Objekts ihrer Wut nicht richtig verstehen.
Die von der politischen Kaste behauptete Alternativlosigkeit der Rettung verzockter Großvermögen auf Kosten aller Steuerzahler einschließlich des arbeitenden Prekariats ist definitiv kein kapitalistisches Phänomen. Im (Raubtier-) Kapitalismus werden nicht nur die Schwachen von den Starken ausgebeutet, sondern die Loser unter den Starken von noch stärkeren Konkurrenten vernichtet und ihre Marktanteile übernommen.
Dass der Staat die einmal erreichte gesellschaftliche Position, zu den Reichen zu gehören, mit von den Armen zwangsweise eingetriebenen Geld künstlich erhält und auf unabsehbare Zukunft festschreibt, setzt die eigentlichen kapitalistischen Spielregeln praktisch in Leerlauf.
Wir haben es derzeit also nicht mit einer Entartung des Kapitalismus zu tun, sondern mit der Rückkehr des Feudalismus. Die Perpetuierung privilegierter gesellschaftlicher Positionen durch staatliche Umverteilung von unten nach oben ist nämlich rein feudalistischer Natur und für jede Art von kapitalistischem Wettbewerb absolut zerstörerisch.
Der Hauptunterschied zwischen altem und neuzeitlichem Feudalismus ist die der Legitimation der Privilegien dienende politische Lüge. Früher hieß es, dass die Privilegien der Hochwohlgeborenen dem Willen Gottes entsprächen, heute muss gegenüber einer weniger religiösen Masse die pseudowirtschaftswissenschaftliche Lüge von der Alternativlosigkeit der Rettungspakete herhalten.
Aber auch diese Lüge hat kurze Beine, wie die Isländer als erstes Volk gemerkt haben:
http://www.taz.de/!101198/Wer weiß, vielleicht hat mittlerweile auch bei uns die Mehrheit kapiert, was tatsächlich los ist, kann sich aber im Gegensatz zu den Isländern nicht aufraffen, an der Wahlurne die notwendigen Konsequenzen zu ziehen.
Das wird sich dann aber für die Masse der Menschen langfristig als die teuerste Bequemlichkeit der Wirtschaftsgeschichte erweisen.