von Excubitor » Do 18. Apr 2013, 15:28
Der Spiegel berichtet in seiner aktuellen Ausgabe Nr. 16/2013 im Artikel "Raubtiere ohne Ketten" über den derzeitig aktuellen Forschungsstand zu Psychopathen und deren Verhaltensweisen. Ein empfehlenswerter Artikel für alle, die gerne wissen möchten wie psychopathologisch angelegt unsere westlichen Gesellschaftsordnungen tatsächlich schon sind.
Britische und US-amerikanische Psychologen kommen darin zum dem Schluss, dass Psychopathen in unseren Gesellschaftsformen wesentlich weiter verbreitet sind als man bislang angenommen hat. Man hat festgestellt, dass zwischen gewaltbereiter Psychopathie, die zumeist in Gefängnissen endet, und einer wesentlich weiter verbreiteten Form, nennen wir es eher gemäßigter Psychopathie, nur ein schmaler Grad besteht. Die gemäßigte Psychopathie, die ganz sicher nicht verharmlost werden darf, besteht aus den grundlegend gleichen Verhaltensformen wie deren extreme Form mit Gewaltexzessen, mit dem Unterschied, dass es zumeist nicht zu letzteren Exzessen kommt. [Anm. des Autors: Das bedeutet als Grundverhaltensmuster herrschen Verhaltensformen wie (auch und insbesondere moralische) Arroganz, stark übersteigertes Selbstwertgefühl, Rücksichtslosigkeit, Skrupellosigkeit, Gewissenlosigkeit, extremer Eigennutz, manipulatives Verhalten, Verantwortungslosigkeit, Gefühlskälte, mangelnde Empathie (d. h. unterentwickeltes "Mitgefühl"), hoher Aufmerksamkeitsgrad (der zu Manipulationsmöglichkeiten verhilft), extreme Zielstrebigkeit, etc. ... Ein klassischer Psychopath beispielsweise muss ständig sein EGO "füttern", kann in einer Sekunde aufbrausend und sehr herrisch sein, und schon in der nächsten würde man davon nichts mehr merken können.]
Eine zu diesem Thema durchgeführte US-Untersuchung stellt fest, dass unter Firmenchfs, also Managern sowie Rechtsanwälten die meisten Psychopathen dieser Art anzufinden sind. Aber auch die Chirurgen auf Platz vier sind nicht gerade unterrepräsentiert. Sogar, für den einen oder anderen überraschender Weise , unter Repräsentanten der Kirchen sollen sich nicht selten Psychopathen befinden. Das liege daran, dass sich Psychopathen in stringenten Machtstrukturen besonders wohl fühlen... Nicht zu vergessen die Politik, welche ein nach hier vertretener Auffassung nahezu unbegrenztes Spielfeld für Psychopathen darstellt...
Quelle:
Spiegel Ausgabe Nr. 16/2013, S. 110-113, Artikel "Raubtiere ohne Ketten"
Kommentar:
Kurz gesagt scheinen unsere angeblich zivilisierten Gesellschaftsformen, wobei die deutsche keine Ausnahme darstellt, eher im Gegenteil, besonders im entscheidungsrelevanten Führungsbereich bereits stark von Menschen mit wenigstens psychopathischen Tendenzen durchsetzt zu sein, was das Leben als soziale Gemeinschaft sicher nicht vereinfachen, sondern wegen der ausschließlich eigennützigen Zielausrichtung der Psychopathen immer mehr erschweren wird. Darüber hinaus haben es Psychopathen in einer leicht manipulierbaren Gesellschaft wie der deutschen besonders leicht ihre Ziele zu erreichen.
Besonders bedenklich finde ich die Ansicht eines britischen Psychologen, der die Auffassung vertritt, jeder könne etwas von Psychopathen lernen. Unabhägig davon, dass solche Äußerungen leicht fehlinterpretiert werden, sollte man diese nicht "auf die leichte Schulter nehmen". Abgesehen von den in Maßen positiven Eigenschaften wie hohe Aufmerksamkeits- und Konzentrationsfähgkeit, Zielstrebigkeit und Selbstbewusstsein handelt es sich bei den Verhaltensmustern von Psychopathen nahezu vollkommen um extrem negative Ausprägungen, selbst der eigentlich grd. positiven Handlungsformen sowie rein negativ ausgerichtete Verhaltensweisen, die letztlich alle gemeinschädigende Folgen aufweisen und einer sozialen Gemeinschaft durchweg abträglich erscheinen. Die Gefahr besteht hier darin, dass pathologische (krankhafte) Persönlichkeitsstörungen, um die es sich bei ausnahmslos allen Psychopthien handelt, in Teilen gesellschaftsfähig gemacht werden und zusätzlich zu den krankhaften Störungen auch noch kopiertes Verhalten hinzukommt... Die Auswirkungen wären unabschätzbar, da schon ein jetziger Psychopath, selbst der gemäßigten Art, in kürzester Zeit in der Lage wäre von einem Unternehmen bis hin zu einer Gesellschaftsordnung oder einem Staat oder sogar Staaten-Verbund nicht nur extremen Schaden sondern unter Umständen totale wirtschaftliche Vernichtung herbeizuführen...
Zur Erinnerung: Die durch den Bankrott der Lehman-Gruppe ausgelöste weltweite Banken- und Wirtschaftskrise fällt beispielsweise in diesen Bereich, die möglicherweise psychopathisch angelegten "Wettgelüste" hier in Eurpoa, bei denen im Rahmen der Euro-Krise an den Börsen auf den Bankrott ganzer Staaten extreme Summen "gesetzt" wurden, ebenfalls...
Selbst wenn es sich, wie von einigen Psychologen angemerkt, möglicherweise um archaische Verhaltensweisen handeln sollte, die früher einmal einem Stamm das Überleben gesichert haben könnten, so sind diese Verhaltensweisen zur Sicherung der gesellschaftlichen Existenz heute alles andere als zeitgemäß. Im übrigen dürften die archaischen Handlungsmuster tatsächlich auf das Überleben der gesamten Gruppe gerichtet gewesen sein, während die heutigen psychopathologischen Verhaltensweisen eines Psychopathen auf reinen persönlichen Eigennutz ausgerichtet sind. Deshalb halte ich diese Auffassung, die heutige Psychopathen mit um das Überleben der Sippe kämpfenden Ur-Menschen vergleicht, für nicht ganz schlüssig.
Sollte sich diese Tendenz fortsetzen so steuern wir geradewegs in einen nicht nur wirtschaftlichen, sondern gesamtgesellschaftlichen Untergang hinein, da unsere Polit-Weichzeichner nichts besseres zu tun haben werden dies alles zu verharmlosen und der überwiegend leichtgläubige Teil des Volkes mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit darauf hereinfallen wird.
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Excubitor am Fr 19. Apr 2013, 12:47, insgesamt 6-mal geändert.
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