Uel hat geschrieben:Kaum zu glauben, was ein konservativer Staat in Richtung Kapitalismus sich steuerrechtlich erlauben kann, wenn es das noch größere Gut Nationalstolz und nationale Interessen tangiert: http://www.nachdenkseiten.de/?p=14569#more-14569
Wenn das wahr sein sollte, so kann man auch von dem USA viel lernen, wenn man nur an den richtigen Stellen sucht. Man denke an das Geschrei, was unter wirtschaftsfreundlichen Diskutanten und den konservativen Talkshow-Moderatoren wie Jauch und Illner an heben würde, wenn man nur eine US-Bestimmung für Steuerflüchtlinge ohne Quellenangabe äußern würde!
Ich halte das für absolut vernünftig und durchaus praktikabel:
Für Gering- und Normalverdiener spielt die Besteuerung von Einkünften im Ausland jedoch keine nennenswerte Rolle, da es einerseits sehr hohe Freibeträge (bei Singles bis zu 91.400 US$ pro Jahr) gibt und andererseits im Ausland gezahlte Einkommensteuern voll abzugsfähig sind [1]. Diese Abschreibungsmöglichkeiten gelten jedoch nur für Einkommen aus selbstständiger sowie unselbstständiger Arbeit und nicht für Kapitalerträge. Wer jedoch das Glück hat, sich zu den Spitzenverdienern zählen zu können und in einem Land mit niedrigen Steuersätzen lebt, wird in der Regel nahezu den gleichen Steuersatz bezahlen müssen, als lebte er in den USA und würde sein Einkommen dort beziehen.
In den USA sind auch die Substanzsteuern wie Vermögens- Erbschafts- Grundsteuern usw. deutlich höher als in Deutschland und Österreich (in jedem anderen Industriestaat auch). Dafür sind die Einkommenssteuern niedriger. Das folgt einfach einer pragmatischen ökonomischen Einsicht und ist deshalb in den USA politisch durchsetzbar, obwohl z. B. Grundsteuern bei typisch amerikanischen Immobilienbesitzern ausgesprochen verhasst sind. Die halten sich auf ihrem eigenen Land ja alle für Könige und bilden sich ein, unbefugtes Betreten mit gezielten Todesschüssen beantworten zu dürfen.
Dass das deutsche Steuerrecht sehr viel stärker als die Steuersysteme anderer demokratischer Länder die Reichen und Etablierten begünstigt und dafür arbeitende Menschen ohne große Vermögen und politische Lobbies übermäßig belastet, ist eine von vielen gemeinwohlschädlichen Konsequenzen der spezifisch deutschen Schwächen des Demokratie- und Rechtsstaatsprinzips. Wir haben hier das in eherne Lettern "ewigen" Verfassungsrechts gegossene Sozialstaatsprinzip, das aber trotzdem nicht funktioniert, weil die Deutschen schlechte Demokraten sind und sich eine Refeudalisierung der Gesellschaft gefallen lassen. Da, wo die meisten Menschen bessere Demokraten sind, funktioniert dagegen das, was die ökonomische Vernunft gebietet, auch ohne vollmundige Ewigkeitsbekundungen der einschlägigen Grundgesetzpostulate.