Uel hat geschrieben:@Alex
... ja, genau das habe ich gemeint, mit >>>viel weniger eigennützig<<<.
Ich meinte noch etwas anderes als "weniger Eigennutz", mir erscheint das als eine ganz andere Art von politischem Bewusstsein, wenn man als "Normalbürger" solche politischen Fragen quasi aus der Perspektive des öffentlichen Interesses, also mit den Augen eines pflichtgemäß handelnden Berufspolitikers oder hohen Beamten sieht.
Ich war gegenüber dem verbreiteten Bild von dem obrigkeitshörigen Deutschen nie so richtig überzeugt, dazu gibt es zu viele Phasen in der deutschen Geschichte, die mit diesem einfachen Schema nicht zu vereinbaren sind.
Vielleicht gibt es ja statt dessen eine spezifisch deutsche Selbstidentifikation mit öffentlichen Angelegenheiten und deren Sachwaltern, also keine besondere Hörigkeit, sondern eine besondere "innere" Nähe zu den Sachwaltern der Staatsmacht.
Hier noch die Antwort von diorella2 auf Deinen letzten Beitrag vom privaten Forum herüberkopiert:
diorella2 hat geschrieben:Hi Uel,
ich finde, zum Selbstverständnis des Souveräns gehört in erster Linie eine
souveräne Haltung. Die kann ich aber bei den Protestlern in Stuttgart ( die Baumangeketteten !) nicht vollends nachvollziehen. Das Projekt war ja in sämtlichen Instanzen zur Diskussion gestellt worden. Es gab ja Gerichtsurteile, Gutachten und Gegengutachten ..dieses ganze, Fachleuten wie mir sehr wohl bekannte lästige und nimmer enden wollende Prozedere.
Letztendlich ist die Genehmigung und damit die Baufreigabe aber im Spätherbst 2009 erfolgt. Ich kann verstehen, dass die Stuttgarter an ihrem historischen Bahnhof hängen und der Teilabriss ist wirklich ein Verlust!!! Möglicherweise sind 200 Jahre alte Bäume auch ein Verlust, da kann man aber m.E. eher Ersatz schaffen als bei dem historischen Gebäude, welches in seinem Gesamtensemble-Charakter für immer zerstört werden wird. Das ist ein schmerzlicher Identitätsverlust für einen in Stuttgart beheimateten Menschen.
Darüber hinaus ist die gesamte Gründungssituation(Gipsschichten, Mineralwasserdepot usw. usf.) wirklich riskant. Auch die Installation und Wartung der erforderlichen immerwährende Wasserhaltung, die überirdisch verlegt wird und ständig elektrisch betrieben laufen muß wird ein Dauerbrenner in Punkto Anfälligkeit sein. Da kann ich auch Frei Otto schon verstehen, allerdings ist dieser Mann schon über 80 Jahre alt und aus dem Projekt ausgestiegen, weil er möglicherweise die Nerven und die Lebensenergie nicht mehr hat das durchzuhalten. Denn auch die Architekten stehen ja ständig im Diskussionsmittelpunkt. Und DAS ist alles zusammen ist sicherlich heavy Stuff !! Aber: es war auch alles längstens bekannt. Immerhin hat das Gesamtverfahren ja 14 Jahre gedauert. Man kann nicht von übereilten Überlegungen und Verfahren sprechen bei diesem Zeitraum im Vorfeld. Wenn Bürger also erst dann „aufwachen“ wenn der Baubeginn vor der Tür steht..dann stimmt da etwas nicht in der Historie. Es sieht mittlerweile für mich eher so aus, dass die politischen Akteure, die in den letzten Jahren gegen dieses Projekt interveniert hatten, genau DIE schlechten Verlierer waren, die Du beschrieben hast. Und die haben sich sehr schnell bei diesen bürgerlichen Protestlern eingehängt.
DieseProtestler sehen eben schon länger nicht mehr aus wie irgendwelchen „schwarzen Blocks“ oder „K-Gruppen“ aus den 70er und 80er Jahren. Es sind die bürgerlichen Herrschaften in Anzug und Kostüm. Das kenne ich sehr wohl auch so aus Hamburg. Das sind mittlerweile vor allem die Wähler der Grünen, die Wähler der FDP aber auch die CDU-Anhänger gehen gern protestieren, wenn ihr Lifestyle aus der gepflegten Form zu geraten droht. Ich finde das nicht neu...und es ist ok, es ist aber auch eine Spur wohlstandsverwöhnt.
„Wenn die Mehrheit eine andere Farbe will, dann ist das die Mehrheit“
.....?! Was soll so ein Argumentß?? Wählen wir denn am Sonntag?! ...Was ist daran unlogisch? Du hast das offensichtlich nicht erfasst. Ich schrieb „wenn“-.... und ....Wenn es eine Gruppe auf Neuwahlen abgesehen hat..dann würden die Ergebnisse möglicherweise z.Zt. so und so aussehen. Es ist doch nicht egal...wann und in welchen Zeiträumen gewählt wird. Ich habe den Eindruck, Du hast unser demokratisches System auch noch nicht so ganz verinnerlicht....
Die sog. Mehrheit heutzutage will offensichtlch alle halbe Jahre eine andere Farbe!! Wir wählen aber immer für 4Jahre.. und das ist auch gut so, denn nur so können Regierungen überhaupt irgendwas auf die Beine stellen. Es kann nicht angehen, das so etwas ständig infrage gestellt wird. Das schafft Stillstand auf der ganzen Linie und mich erinnert das an Weimarer Verhältnisse, wo ständig der Reichstag aufgelöst wurde..bis dann irgendwann ein Herr Hitler mit 33 % an die Macht kam!! Ich denke damit solltest Du Dich mal befassen!!! Auch sollten Volksentscheide nicht dazu benutzt werden, eine gewählte Landes-/ oder Bundesregierung in Frage zu stellen. Das wird aber heute so betrieben, weil die Volksentscheide von der politischen Opposition unterstützt für ihre Zwecke misbraucht werden. Das Volk ist da m.E. wirklich naiv.. Und Du auch, mit Verlaub.
Heute sieht es ja schon fast so aus, dass Immer wenn den Leuten eine Regierungsentscheidung nicht passt, sie sofort Neuwahlen oder Personalaustausch usw. usf. erwarten. Das ist doch Kindergarten!! Das geht mir mehr und mehr gegen den Strich und dieses ganze mit dem Volkswillen und der Souveränität des Volkes zu begründen ist nichts anderes als die Zurschaustellungvon nebligen, unscharfen Vorstellungen von Demokratie die eine Gesellschaft, hat welche gerade in die Pubertät gekommen ist.
Es zeugt nur davon, dass demokratische Prozesse hier entweder immer noch nicht oder nicht mehr verstanden werden. Das sind alles Schritte, die in eine Diktatur führen können. Das meinte ich auch im Übrigen als ich die politische,gesellschaftliche Unfähigkeit erwähnt, die dazu führt, demokratische Instrumentarien wie ein Planfeststellungsverfahren, also solche nicht erkennen zu können. Ich habe da in erster Linie auf die veröffentlichte Medienmeinung (z.B. bei Maibritt Illner : Claudia Roth) reflektiert. Diese Dame meinte, das wir uns daran gewöhnen müssten in immerwährenden Abstimmungsprozessen zu verharren. DAS ist die Haltung der Grünen ?! Mir kommt deren Argumentation mehr und mehr so vor wie der Weg der in die Hölle führt, ist mit guten Absichten gepflastert. DIE wissen wirklich nicht mehr was sie tun und sie sind nicht regierungsfähig im Sinne, dass sie Verantwortung übernehmen können. Die Grünen waren und sind Fundamental-Opposition. In dieser Rolle fühlen sie sich wohl und sind auch ganz nützlich. Aber bitte mehr auch nicht. Alles darüber hinaus versetzt mich bei dieser Partei immer in Angst und Schrecken...da werde ich dann überemotional.
„Ich habe so manches Jahr in meinem nicht mehr ganz frischen Leben Regierungen ertragen...“
Mein lieber Uel..ich nicht minder!! Ich habe in meinem ebenfalls nicht mehr ganz frischen Leben die meiste Zeit (als Wählerin) Regierungen ertragen, die ich nicht gewählt habe. Danke für dies anmaßende Belehrung...sie trifft voll daneben..Sei bitte in Zukunft etwas vorsichtiger mit solchen aus der Luft gegriffenen Behauptungen- zumindest mir gegenüber. Im Übrigen habe ich auch in meinem nicht mehr ganz frischen Leben mit wachsender persönlicher Reife meine politische Haltung verändert. Hat aber nicht immer mit den Wahlmehrheiten übereingestimmt...so oder so..oder ..ist das Leben.
So..genug für heute
LG Diorella