Die fatalen Folgen von Ehrlichkeit

Hier ist Platz für wichtige Erklärungen, die nicht in die Programmdiskussion passen.

Die fatalen Folgen von Ehrlichkeit

Beitragvon Sall May » Do 29. Apr 2010, 13:42

Heute aktuell auf Bürgermeinungen:

Die fatalen Folgen von Ehrlichkeit

Die fatalen Folgen von EhrlichkeitJürgen Schmieder
SZ-Journalist
Jürgen Schmieder

Der Mensch lügt ungefähr 200mal am Tag. Das wollen Wissenschaftler herausgefunden haben. Der Journalist Jürgen Schmieder hat ein Experiment gewagt: er hat 40 Tage lang nicht gelogen. Die Folge: er wurde rausgeschmissen, er verlor Freunde, er wurde verprügelt. Trotzdem, sagt er, habe sich sein Leben positiv verändert. Heute lügt er wieder, weil niemand dauerhaft ehrlich sein kann. Aber er lügt nur noch 150mal am Tag

Quelle u. mehr, u. a. Hinweis zu seinem Buch: http://www.swr.de/swr1/bw/programm/leute/-/id=1895042/nid=1895042/did=6233714/18aj95j/index.html


Zufällig sah ich das geführte Interview mit Jürgen Schmieder. Und ich musste lachen, nicht über ihn, sondern das seine Erfahrungen mit vielen die ehrlich bleiben und sein wollen mehr als nur Deckungsgleich sind.

Ich verusche nun auch mein Leben lang ohne Lügen durch die Welt zu gehen, und musste bemerken: "Je ehrlicher man ist, je offener, desto mehr Ärger handelt man sich ein". Besonders in der Politik habe ich das erlebt. Wie aber kommt man aus den Strafen für die Ehrlichkeit wieder raus?

Du sollst nicht Lügen! So lautet der Titel seine Buches, so bekommen wir es als Kinder alle mal beigebracht, um später erkennen zu müssen?: Man muss lügen um gut durch das Leben zu kommen?

Da schreien immer alle sie wollen ehrliche Politiker, also ich war mal so eine, und dann wollen sie das alles aber gar nicht hören und wahrhaben? Besonders die, die danach fordern? Und wahrscheinlich ist es sogar so, weil die meisten von sich selber wissen das sie lügen, können sie ja auch keinem anderen mehr Vertrauen, wollen es aber haben?

Ich brachte meinem Stiefsohn auch bei er möge nicht lügen, als Kind hat er sich daran gehalten. Das führte auch bei ihm im Alltag zu Problemen. Was also machen wir eigentlich verkehrt, oder liegt es daran das wir erzählt bekommen wir lügen alle 200x am Tag, und wird es deshalb für die, die ehrlich sein möchten so schwer?

Wie wollen wir jemals gerechte Urteile erhalten, wenn man doch Wahrheit und Lüge nicht auseinander zu halten vermag? Wenn man wie es scheint in einer Zeit lebt, wo Wahrheit bestraft und zur Lüge deklariert wird und umgekehrt?
Sall May
 

Re: Die fatalen Folgen von Ehrlichkeit

Beitragvon Sall May » Do 29. Apr 2010, 13:43

Werden unsere Kinder nicht zum Lügen erzogen? Wir erzählen ihnen einen vom Pferd, vom Osthasen, Sandmann, vom Klapperstorch usw.. Später sind diese kleine Wesen total desilliusioniert, denn sie müsser erkennen was ihnen die Personen ihres Vertrauens erzählten war gelogen. Die Personen die von ihnen die Wahrheit erwarten?

Mir fiel es z. B. auf als ich kleines Kind war und mir dringend eine Flasche "Meister Propper" wünschte. Damit die Oma nicht mehr soviel putzen müsse und der nette Meister ihr helfen möge. Der kam aber genauso wenig aus der Flasche wie der "Weiße Wirbelwind" von Ajax. Da wurde mir schlagartig mit knappen 5 Jahren klar, hier wirst Du kräftig belogen.

Kinder an sich lügen meiner Meinung nach nicht. Sie haben kindliche Phantasien, haben ein feines Gespür, was die Erwachsenen die ihre eigene Kindheit fast vergessen haben gleich unterdrücken. Deshalb ist der Spruch: "Kindermund sagt die Wahrheit", gar nicht so verkehrt. Mag also sein, wir ziehen uns die eigene Lügengesellschaft selber erst kräftig heran?
Sall May
 

Re: Die fatalen Folgen von Ehrlichkeit

Beitragvon AlexRE » Do 29. Apr 2010, 13:43

Ich halte die Neigung zum Lügen bzw. Tarnen, Tricksen und Täuschen für eine gattungsspezifische angeborene Eigenschaft aller Menschen. Alle Lebewesen haben die instinktive Neigung, die ihnen angeborenen natürlichen Stärken auch zu nutzen. Raubtiere fletschen die Zähne, Fluchttiere wie Pferde gehen manchmal durch und Menschen als die Gattung mit dem höchstentwickelten abstrakten Denkvermögen und damit der Fähigkeit, andere auszutricksen, lügen eben.

Damit will ich nicht sagen, dass alle Menschen ständig lügen. Das Jagen und Sammeln ist ja auch eine gattungsspezifische Eigenschaft der Menschen, in modernen Gesellschaften und / oder dichtbesiedelten Gebieten befasst sich aber nur eine kleine Minderheit beruflich oder in der Freizeit mit der Jagd im ursprünglichen Sinne.

In hochentwickelten Kulturen und komplexen Gesellschaften kann man nicht auf Vertrauensschutz und Planungssicherheit durch Verträge und Gesetze verzichten. Wenn Menschen nicht grundsätzlich fähig wären, ihre natürlichen Neigungen Vernunft und Einsicht unterzuordnen bzw. sie konstruktiv zu kanalisieren, wäre die Entstehung von Hochkulturen m. M. n. nicht möglich gewesen.
Der Stuttgarter OB Rommel:

Ich trete überall, wo das notwendig ist, der Meinung entgegen, der Umstand, dass die Diktatur zu allem fähig war, berechtige dazu, die Demokratie zu allem unfähig zu machen.
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Re: Die fatalen Folgen von Ehrlichkeit

Beitragvon Sall May » Do 29. Apr 2010, 13:45

Wissenschaftlich erwiesen: Kinder bis zum 4 Lebensalter lügen nicht. Das habe ich auch in meinem Praktikum im Kindergarten 1974 so erleben dürfen. Danach werden sie durch die Erwachsenenwelt, durch Druck und Angst, aber auch durch die immer steigende Erkenntnis das sie selber von den Erwachsenen belogen werden, zum Lügen erzogen.

Pferde die durchgehen, lügen nicht. Sondern sie gehen aus anderen Gründen durch. Meistens liegt hier Angst oder Erschrecken zu Grunde.

Ein wirklich geordnetes Leben könnte man nur hinbekommen wenn die Mehrheit ehrlich wäre. Wenn man nicht zu gerne auch an Vorgauckeleien glauben wollte. Was beklagen wir uns wenn Unrecht geschieht, wenn wir auf der anderen Seite uns alle dahin leiten und leiten lassen? War schon immer so, selbst Cicero hatte es einst beklagt . ;)

Da fast alle lügen wie es scheint, kann auch niemand von sich behaupten Recht sprechen zu wollen, so er selber ein Lügner ist, oder?
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Re: Die fatalen Folgen von Ehrlichkeit

Beitragvon AlexRE » Do 29. Apr 2010, 13:48

Sall May hat geschrieben:Wissenschaftlich erwiesen: Kinder bis zum 4 Lebensalter lügen nicht. Das habe ich auch in meinem Praktikum im Kindergarten 1974 so erleben dürfen. Danach werden sie durch die Erwachsenenwelt, durch Druck und Angst, aber auch durch die immer steigende Erkenntnis das sie selber von den Erwachsenen belogen werden, zum Lügen erzogen.

Pferde die durchgehen, lügen nicht. Sondern sie gehen aus anderen Gründen durch. Meistens liegt hier Angst oder Erschrecken zu Grunde.

(...)

Da fast alle lügen wie es scheint, kann auch niemand von sich behaupten Recht sprechen zu wollen, so er selber ein Lügner ist, oder?



1. Kann sein, dass die angeborene Neigung zum Lügen bei Kleinkindern noch nicht entwickelt ist. Dass sie anerzogen werden muss, glaube ich aus den genannten Gründen nicht. Vielmehr muss im Gegenteil die Fähigkeit zur Ehrlichkeit anerzogen werden, wo Ehrlichkeit für ein gedeihliches Zusammenleben in einer modernen Gesellschaft nützlich und notwendig ist.

2. Ich habe nicht geschrieben, dass Pferde lügen. Ich habe geschrieben, dass sie als Fluchttiere zum Durchgehen neigen so wie Menschen als abstrakte Denker zum Täuschen und Tricksen neigen.

3. An die, die Recht sprechen, sind in einer modernen Gesellschaft im Interesse des Gemeinwohls die höchsten Anforderungen zu stellen, was die Fähigkeit zur Beherrschung der angeborenen Neigung zum Tricksen zu stellen. Die Werte "Rechtswahrheit und Rechtsklarheit" sind für Frieden und Wohlstand von zentraler Bedeutung.
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Re: Die fatalen Folgen von Ehrlichkeit

Beitragvon Hase » Do 29. Apr 2010, 14:17

Sallys Aufführung mit dem Meister Propper, find ich toll.

Meine Tochter hat auch mit knapp 5 Jahren gemerkt das die Werbung im TV lügt, ihre Bluse wurde nämlich nicht mit dem Waschpulver sauber. Heute ist sie 12 Jahre alt und schüttelt immer wieder ungläubig den Kopf wenn die Werbung läuft und es offensichtlich ist das man angelogen wird.

In der Schule wurde es dann ganz schlimm. Man hat meist den anderen Kindern geglaubt, meine Tochter immer als Lügnerin hingestellt. Egal, ob ihr die Sachen kaputt gemacht wurde oder sie geschlagen wurde....... man hat ihr nie geglaubt, immer alles mit einer Handbewegung als erledigt angesehen. Warscheinlich lag das daran dass sie damals sehr schlecht in der Schule war aufgrund ihrer Legasthenie und Dyskalkulie. Also konnte man es ja mit ihr machen, da sie angeblich ja sowieso weniger Wert hatte als andere.

Meine eigene Erfahrungen haben mir gezeigt das man mit Lügen und Vortäuschen oft andere Interessen verfolgen kann und VIEL besser durchkommt als mit der Wahrheit. Was ich selbst die letzten 10 Jahren Lügen um die Ohren geknallt bekam, wogegen ich mich bei Gericht und Jugendämtern rechtfertigen musste, kann sich keiner vorstellen.

Wenn sich dann rausstellte das ich dort nur aufgrund von falschen Behauptungen, sprich Lügen saß, wurde das zwar zur Kenntniss genommen, aber nur bis zur nächsten Lüge.

Sagen wir mal so, ich muss mich seit 10 Jahren über meinen Lebenswandel rechtfertigen und darüber wie misserabel ich angeblich mein Kind erziehe und das immer zu dem Zeitpunkt wo es um den Unterhalt für meine Tochter geht.

Die Wahrheit, das ich seit 10 Jahren den selben Partner habe und wir uns gemeinsam um meine Tochter kümmern, hört sich nunmal langweilig an, weil einfach nur zu normal. Lügen gehen bei den Menschen dafür runter wie Öl, vorallem wenn man diese über einen anderen Menschen erzählt.

Steht ja schon in der Bibel, das dies so ist.

Ich hab meine Tochter auch zur Ehrlichkeit erzogen. Ohne das man sich Vertrauen kann, kann keine gesunde Beziehung aufrecht erhalten bleiben. Sie kommt auch mit ALLEM zu mir. Ich hoffe das dies so bleiben wird. Traurig finde ich das sie mittlerweile selbst mitbekommt das ihr Vater ein Lügner ist. Aber das ist eine Sache die ich nicht ändern kann und die sie irgendwann für sich selbst klären muss.
Hase
 

Re: Die fatalen Folgen von Ehrlichkeit

Beitragvon AlexRE » Do 29. Apr 2010, 15:02

Hase hat geschrieben:Meine eigene Erfahrungen haben mir gezeigt das man mit Lügen und Vortäuschen oft andere Interessen verfolgen kann und VIEL besser durchkommt als mit der Wahrheit. Was ich selbst die letzten 10 Jahren Lügen um die Ohren geknallt bekam, wogegen ich mich bei Gericht und Jugendämtern rechtfertigen musste, kann sich keiner vorstellen.


Dass Lügner vor Gericht nicht nur ausnahmsweise, sondern regelmäßig besser fahren als Menschen, die auf die Wahrheit setzen, ist eines unserer grossen Probleme.

Die viel zu geringen Risiken planvollen Rechtsmissbrauchs sind übrigens Thema auf meinem privaten Forum, den thread hier kennst Du ja: ;)

Rechtsmissbrauch als politisches Thema
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