Bussgeldeinnahmen und Verkehrssicherheit

Hier wird das Problem des zunehmend mangelhaften Schutzes der Bürger vor Gewalttaten und dessen verfassungsrechtliche Relevanz erörtert. (Artikel 1 Abs. 1 Satz 2 GG)

Bussgeldeinnahmen und Verkehrssicherheit

Beitragvon AlexRE » Di 2. Mär 2010, 18:09

Wir haben schon öfters auf verschiedenen threads erörtert, dass offenbar die Maximierung der Bussgeldeinnahmen der Verkehrssicherheit vorgeht.

Dieser Videoclip einer Regionalzeitung zur Gefährlichkeit von Radarfallen ist für mich jetzt Anlass, einen gesonderten thread zu dem Thema zu eröffnen:

schwarzwaldbote.de
Der Stuttgarter OB Rommel:

Ich trete überall, wo das notwendig ist, der Meinung entgegen, der Umstand, dass die Diktatur zu allem fähig war, berechtige dazu, die Demokratie zu allem unfähig zu machen.
Benutzeravatar
AlexRE
Administrator
 
Beiträge: 28096
Registriert: Di 16. Dez 2008, 15:24

Re: Bussgeldeinnahmen und Verkehrssicherheit

Beitragvon fisch71 » Di 2. Mär 2010, 19:30

So einen Radarfallen-Unfall hab ich übrigens mal live miterlebt auf der A 33 bei Paderborn, als ein paar Autos vor mir einer eine Vollbremsung machte und in die Leitplanken schleuderte. Gerade auf Autobahnen ist das besonders gefährlich, sollte vielleicht ganz abgeschafft werden. Die vorne sehen die Radarfalle und gehen in die Eisen, aber weiter hinten kann da niemand mit rechnen und kaum noch reagieren. Obwohl man ja immer damit rechnen sollte, das plötzlich gebremst wird.
Es kann ja auch mal Wild auf die Fahrbahn laufen, aber das sieht man dann auch vermutlich schon von weitem.

Vor Schulen und in beruhigten Tempo 30 Zonen machen Radarfallen sicher Sinn, wenn es um die Verkehrssicherheit geht. Auf Autobahnen bedeuten sie ein Sicherheitsrisiko. Hier sollten ausschliesslich fest installierte Blitzer zum Einsatz kommen, auf die mit einem Schild "Achtung Radarkontrolle" hingewiesen wird oder es muss eben vermehrt mit zivilen Kamera-Fahrzeugen gearbeitet werden. Ganz ohne Kontrollen läuft es ja auch nicht, die ewig unverbesserlichen Raser sollten sich ja auch nicht wie im Schlaraffenland fühlen.
"Ich bin, was ich bin und was ich bin ist ungewöhnlich!"
Benutzeravatar
fisch71
 
Beiträge: 9
Registriert: Mi 21. Jan 2009, 13:11
Wohnort: Diera-Zehren / b. Meißen

Re: Bussgeldeinnahmen und Verkehrssicherheit

Beitragvon AlexRE » Mi 3. Mär 2010, 12:08

Ein interessanter Link zum Thema der Kommerzialisierung der Bussgeldeinnahmen:

news.de > Der Staat blitzt auch privat

Auszug:

Erdhaus und seine Autofahrerschützer sehen das ganz anders. Dass es bei der Blitzerei weniger um Sicherheit als um lukrative Geschäfte geht, ist für den Radar-Gegner aus Niedersachsen so sicher wie das Amen in der Kirche. «Mittlerweile nehmen die Behörden bundesweit jährlich rund vier Milliarden Euro an Verwarn- und Bußgeldern ein. Das spricht doch für sich.»


Dass so etwas in Geschäftemacherei ausartet, bestätigen auch viele Erfahrungen mit dem TÜV, das ist ein "beliehener"* privatrechtlicher Verein.

Der ist nicht nur für technische Überprüfungen zuständig, sondern auch für medizinisch psychologische Untersuchungen von Verkehrssündern. Wer eine MPU besteht und wer nicht, hängt dementsprechend nicht selten davon ab, wer einen teuren Vorbereitungskurs beim TÜV gebucht hat und wer nicht.


*http://de.wikipedia.org/wiki/Beleihung
Der Stuttgarter OB Rommel:

Ich trete überall, wo das notwendig ist, der Meinung entgegen, der Umstand, dass die Diktatur zu allem fähig war, berechtige dazu, die Demokratie zu allem unfähig zu machen.
Benutzeravatar
AlexRE
Administrator
 
Beiträge: 28096
Registriert: Di 16. Dez 2008, 15:24

Re: Bussgeldeinnahmen und Verkehrssicherheit

Beitragvon AlexRE » Do 4. Mär 2010, 10:17

Vom Parallelthread auf meinem privaten Forum hierher kopiert:
______________

PeterS hat geschrieben:Diese Diskussion ist doch insgesamt dünn.
Ich bin ein bescheuerter Raser, ich knalle mit meinem Auto und Motorrad, wo immer es geht.
Innerorts, in Dreißiger-Zonen, in verkehrberuhigten Bereichen jedoch werde ich oftmals per Lichthupe und/oder Drängelei aufgefordert schneller zu fahren als die Geschwindigkeit, die vorgegeben ist.

Das ist gesamt genauso albern wie das Aufregen über das Knöllchen für das Falschparken.
Leute, haltet Euch an die Regeln und gut ist. Dann sind die riesigen Aufwendungen für Geräte und Personal überflüssig.
Die Stadt Köln kalkuliert (ich habe die Zahl nicht mehr genau im Kopf) mit ca. 7,5 Millionen Euro jährlich an Einnahmen aus Verkehrs- und Parkverstößen. Ich habe noch nie ein Knöllchen in Köln bekommen, weil ich noch nie falsch geparkt habe. So einfach ist das.

Jeder, der irgendwann mal mit dem Moped zum Schluchsee gefahren ist, genauso wie alle anderen landschaftlich und kurventechnisch angenehmen Straßenverläufen, weiß, daß dort die Rennleitung steht und überwacht. Mannmannmannn.


Ganz so einfach ist es nun wirklich nicht. Die Art und Weise, wie die Polizei mit Regelverletzern umgeht, darf die von diesen Leuten ausgehende Gefahr natürlich nicht vergrössern bzw. unmittelbar und akut werden lassen. Schliesslich werden bei Unfällen nicht nur die Sünder selbst verletzt.

Die Knöllchen für`s Falschparken sind also noch das geringste Problem. Es ist ganz grundsätzlich so, das wegen der grossen wirtschaflichen Bedeutung des Wirtschaftsfaktors "Auto" in Deutschland die Verkehrssicherheit zurückstehen muss. Das habe ich heute auf Artikel 5 (ich habe den thread auf mehreren Foren angelegt) dazu geschrieben:

In ganz Europa gibt es Geschwindigkeits-Begrenzung ! nur in D nicht....weil man weiter PS Giganten bauen will...die so eigentlich keiner braucht.


Das ist nicht nur in Europa ausserhalb Deutschlands so, Deutschland ist das einzige Land auf der ganzen Welt, in dem es öffentliche Strassen ohne jede Geschwindigkeitsbegrenzung gibt. Nirgendwo anders ist es denkbar, dass eine Mami im Kleinwagen mit Kindersitz auf der Rückbank zur selben Zeit auf der selben Fahrspur 100 km/h fährt, auf der ein Testfahrer von Daimler 360 km/h fährt. Autos sind aber auch in keinem Land der Welt mit so grossem Abstand der Wirtschaftsfaktor Nr. 1 wie in Deutschland.
Der Stuttgarter OB Rommel:

Ich trete überall, wo das notwendig ist, der Meinung entgegen, der Umstand, dass die Diktatur zu allem fähig war, berechtige dazu, die Demokratie zu allem unfähig zu machen.
Benutzeravatar
AlexRE
Administrator
 
Beiträge: 28096
Registriert: Di 16. Dez 2008, 15:24

Re: Bussgeldeinnahmen und Verkehrssicherheit

Beitragvon fisch71 » Do 4. Mär 2010, 13:09

Offenbar scheinen die Einnahmen in Schleswig-Holstein aber nicht auszureichen, um die Polizei mit einfachen, geeigneten Mitteln auszustatten.

http://www.youtube.com/watch?v=7HpZjCe9 ... re=channel
"Ich bin, was ich bin und was ich bin ist ungewöhnlich!"
Benutzeravatar
fisch71
 
Beiträge: 9
Registriert: Mi 21. Jan 2009, 13:11
Wohnort: Diera-Zehren / b. Meißen

Re: Bussgeldeinnahmen und Verkehrssicherheit

Beitragvon AlexRE » Do 4. Mär 2010, 13:59

fisch71 hat geschrieben:Offenbar scheinen die Einnahmen in Schleswig-Holstein aber nicht auszureichen, um die Polizei mit einfachen, geeigneten Mitteln auszustatten.

http://www.youtube.com/watch?v=7HpZjCe9 ... re=channel


Na toll, Polizeifahrzeuge mit Sommerreifen im Winter - wenn sie schon die Einnahmen auf Kosten der Sicherheit maximieren, können sie auch gleich bei den Ausgaben mit der Priorität finanzieller Aspekte vor der Sicherheit weitermachen.
Der Stuttgarter OB Rommel:

Ich trete überall, wo das notwendig ist, der Meinung entgegen, der Umstand, dass die Diktatur zu allem fähig war, berechtige dazu, die Demokratie zu allem unfähig zu machen.
Benutzeravatar
AlexRE
Administrator
 
Beiträge: 28096
Registriert: Di 16. Dez 2008, 15:24

Re: Bussgeldeinnahmen und Verkehrssicherheit

Beitragvon GasGerd » Fr 24. Feb 2012, 19:52

Es gibt neue wissenschaftliche Erkenntnisse zu dem Thema:

@ahah

"Und dass die radarfallen meist an Stellen aufgestellt werden, wo eh jeder zu schnell fährt (tempo 30 zone, am besten noch bergab) damit schön oft geblitzt werden kann ist auch nix neues."

Diese Platzierung der Radarfallen und vor allem der Geschwindigkeitsbegrenzungen selbst wurde auch schon verkehrswissenschaftlich untersucht. Das Ergebnis war, dass ein Feldversuch mit einer Entfernung überflüssiger bzw. nur zur Autofahrerabzocke aufgestellter Schilder zu einer deutlichen Verringerung der Anzahl der Unfälle geführt hat. Die Fahrer nehmen die verbleibenden Schilder dann nämlich viel ernster, weil erst so der Zusammenhang zwischen Geschwindigkeitsbegrenzung und Unfallgefahr wahrgenommen wird.

Letztendlich wird also für den Geldfluss an Bußgeldern ganz bewusst eine höhere Zahl von Unfällen in Kauf genommen.


http://meinungen.gmx.net/forum-gmx/post/14495312?sp=448#jump
Benutzeravatar
GasGerd
 
Beiträge: 674
Registriert: Fr 18. Feb 2011, 18:33


Zurück zu Staatliches Gewaltmonopol und Sicherheit der Bürger

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 12 Gäste