Uel hat geschrieben:Dass allerdings Kriegsverbrechen wirklich beabsichtigte Verhandlungen zum Scheitern bringen, halte ich für naiv und ausgeschlossen. Kriegsverbrechen*** werden oft von durchdrehenden Soldaten begangen und sind eher ein Zeichen dafür, dass die Führung das Geschehen nicht vollständig unter Kontrolle hat. Daher halte ich es für recht unwahrscheinlich, dass sich Polit-Profis den medialen Gefühlen unterworfen hätten, wenn sie Verhandlungen wirklich gewollt hätten. Die Massaker wurden doch erst durch den erzwungenen desaströsen Rückzug der Russen und das Scheitern ihrer Strategie bekannt, da wird die Hoffnung der Ukrainer auf weitere Erfolge die Verhandlungsbereitschaft eingestellt haben und die Massaker waren die beste Begründung für die Öffentlichkeit.
Im Gegensatz zu Vietnam 1975 und Afghanistan 1988 sowie 2021 wäre es bei den Verhandlungen zwischen Moskau und Kiew 2022 nicht um den vollständigen Abzug aller Besatzungstruppen gegangen. Die Ukrainer hätten einen Teil ihrer Bevölkerung den Mördern von Butscha überlassen müssen. Auch eingedenk des Holodomor Anfang der 30er Jahre war das für die ukrainische Regierung beim besten Willen nicht darstellbar. Das kann man mit den meisten anderen brutalen Kriegen schlecht vergleichen.
Übrigens hat der Hauptschuldige an dem Massaker von My Lai von einem amerikanischen Gericht lebenslänglich bekommen und wurde nach wenigen Jahren Knast von der Nixon - Blase begnadigt. Putin hat den Tätern von Butscha aber direkt Orden umhängen lassen. Auch das kennzeichnet das besondere Gewicht der Verbrechen für die Ukrainer.
Für die USA hätte eine zu schnelle Einigung viele Kriegsziele oder Entwicklungsvorteile vorzeitig abgebrochen: kein nachhaltiges Abkoppeln der russischen Wirtschaft von Europa, zu kurze Echtzeittests von neuen Natowaffen gegen die absteigende Supermacht, zu schwaches Militarisieren von Europa für die Nato (Natobeitritt von Schweden, ausreichend viele Entschlüsse für Steigerung von Rüstungsausgaben) sowie die wirtschaftliche Schwächung Europas als Weltmarktkonkurrent durch einen Superkonflikt auf dem Kontinent.
Die Schwächung der Europäer und damit der einzigen zuverlässigen Verbündeten der Amerikaner in der aktuellen Konfliktsituation mit China und Russland (Andere Demokratien wie Indien und Brasilien sind da ja sehr sperrig, vom sonstigen Südamerika und Afrika ganz zu schweigen.) kann m. M. n. derzeit überhaupt nicht im amerikanischen Interesse liegen und ganz sicher keinen teuren Krieg mit ungewissem Ausgang rechtfertigen.
In Syrien und Afghanistan haben sie erst kürzlich ihre einheimischen Verbündeten im Stich gelassen, weil ihnen diese Kriege zu langwierig, teuer und riskant wurden, was im Falle Syriens die Russen strategisch gestärkt hat, und in der Ukraine sollen sie mit aller Macht und ohne Not auf das Eingehen eines 100 x größeren Risikos der Stärkung Russlands für den Fall eines vollständigen russischen Sieges gedrängt haben? Das glaube ich beim besten Willen nicht.
Letztendlich ist es bei dem hiesigen Thema aber nicht so wichtig, wer was glaubt, sondern dass Schröder stur die russische Propagandalinie vertritt. Er könnte so langsam auch einfach die Klappe halten.