Schüttet Deutschland eine Charme-Offensive über die Schweiz? Oder sind bloss wieder die Rosinenpicker unterwegs?
Christoph GrenacherChristoph
Es war im März 2004, als dem damaligen deutschen Innenminister Otto Schily, einem Grünen, in seinem geräumigen Berliner Büro die Sicherungen durchbrannten.
«Bei aller Freundschaft zur Schweiz», donnerte er plötzlich bei einem Interview: «Verhandlungen mit der EU – auch für Schengen – nach der Methode ‹Die Rosinen in dem Kuchen gefallen uns, aber den Kuchen selber wollen wir nicht› funktionieren so nicht. Die berühmte Rosinenpickerei mag ja als besonders intelligente Verhandlungsposition gelten, wird aber irgendwann von dem anderen Verhandlungspartner entdeckt.»
Die Provokation des damals 71-jährigen Juristen an die Adresse des Bundesrates sass. Bern war ob der Attacke des vom einstigen RAF-Verteidiger zum strammen Law-and-Order-Politiker mutierten Schily not amused.
Vier Jahre später, als der internationale Druck zur Lockerung des Schweizer Bankgeheimnisses stieg, legte der damalige rote deutsche Finanzminister Peer Steinbrück nach: Man müsse die Schweiz zur Not mit der «Peitsche» zur Räson bringen. Wenig später zeuselte SPD-Chef Müntefering, in Länder wie Liechtenstein oder die Schweiz hätte man «zu früheren Zeiten Soldaten hingeschickt». Den Dreiklang vollendete wiederum Steinbrück, indem er die Schweizer als «Indianer» schmähte und ihnen mit der «Kavallerie» drohte.
Tempi passati. Deutschland mag nun die Schweiz.
Unlängst schalmeite der grüne Ministerpräsident von Baden-Württemberg, das drei Viertel aller deutschen Importe in die Schweiz liefert, für sein Bundesland seien die Beziehungen zur Schweiz wirtschaftlich und kulturell wichtig: «Deswegen», so Winfried Kretschmann, «werben wir inständig für gute Beziehungen zwischen der Europäischen Union und der Schweiz» – und plädierte unlängst bei einem Videogespräch mit dem Vizepräsidenten der Europäischen Kommission, Maros Sefcovic, für ein besseres Verhältnis mit der Schweiz.
Am Freitag, nach einer Visite von Bundesrat Guy Parmelin bei der deutschen Bildungs- und Forschungsministerin, verriet der Schweizer Botschafter in Deutschland, schon beim Besuch von Bundespräsident Cassis im Januar in Berlin habe die neue grüne deutsche Aussenministerin Annalena Baerbock versprochen, sie werde in Brüssel für die Wiederaufnahme der Schweiz bei «Horizon Europe» werben.
Die Übersetzung des politischen Willens heisst: Die vier besten Universitäten Europas stehen in der Schweiz oder in Grossbritannien, das nach dem Brexit ebenfalls aus Horizon gekippt wurde. Die international vernetzte Forschungsgemeinde kann und will es sich nicht leisten, bei ihrer Arbeit im Rahmen des EU-Programms für Forschung und Innovation auf diesen exzellenten Brainpower aus der Schweiz und dem Königreich zu verzichten.
Das haben nun auch die Politiker gecheckt: Die Schweizer Indianer sind wieder gefragt. Von den Rosinenpickern.
https://weltwoche.ch/daily/schuettet-de ... E+Dienstag
franz797
15. Februar 2022 um 8:49 Uhr
Herr Grenacher, heisst das nicht wishful thinking ?
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tempelritter1947
15. Februar 2022 um 8:21 Uhr
Liebe Schweizer !
Bleibt so in Eurer Position. Bleibt neutral. Und lasst Euch bitte nicht in die EU aufnehmen.
Wenn ja, werdet ihr arm. So arm wie Deutschland ist.
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gerd
14. Februar 2022 um 10:25 Uhr
Forschung in der EU findet zumeist in Forschungsgesellschaften oder privaten Unternehmen statt, weniger an Unis. Uni-Rankings sind also nicht aussagekräftig. Das Scimago Institutions Ranking z. B. berücksichtigt das und die erste Schweizer Institution findet sich dort auf Platz 63.
Kretschmann ist nicht Deutschland und Deutschland ist nicht die EU.
Zudem ist die EU für Deutschland viel, viel wichtiger als die Schweiz, aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.
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silli bel
15. Februar 2022 um 6:50 Uhr
Ja ja , gute betuchter Geld gelber ist was die EU will . Dass Schweizer Folk hat schon entschieden NEIN , zum die abzocken verein , die benutzen jeder möglich Tricks, und Erpressung die Schweiz um eine beitreten zum bewegen , und eine oder andere Umpatriotische Politiker die auch nicht besser zutun hatten machte mit ,
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gerd
15. Februar 2022 um 8:37 Uhr
Die EU benutzt keine "jeder möglich Tricks, und Erpressung", sie verhandelt lediglich keine neuen Verträge mit der Schweiz mehr; das nennt man Vertragsfreiheit. Weiterhin lädt sie die Schweiz nicht zu EU-eigenen Programmen ein und hat einseitige, also vertragslose Anerkennungen von Schweizer Standards zurückgezogen; das nennt man Souveränität.
Also zumindest, wenn man solches selbst tut. Wenn andere das Gleiche tun, ist es natürlich ganz, ganz böse.