Wende in der Energiepolitik

Hier werden Meinungen zu erneuerbaren Energien, Fragen des Energiemarktes usw. ausgetauscht.

Re: Wende in der Energiepolitik

Beitragvon maxikatze » So 2. Okt 2022, 06:59

Uel schrieb:
Natürlich bleibt so eine Gasleitung drucklos befüllt. Es macht dock keinen Sinn, das Gas herauszupumpen und bei Inbetriebnahne es erst wieder mühsam einströmen zu lassen und Luft separiert wieder abzupumpen, wenn das technisch überhaupt machbar ist.

Moin Uel, danke für die Antwort. Wieder was gelernt. ;)

Deinen Vermutungen, wer die Leitungen zerstört haben könnte, schließe ich mich an: viewtopic.php?f=18&t=24&p=134139&sid=b8838f1115bab2fa29168ca6b135935f#p134139
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Re: Wende in der Energiepolitik

Beitragvon AlexRE » So 2. Okt 2022, 08:52

Uel hat geschrieben:
Spekulativ: Wem nutzt das Ganze am meisten:

1. der Ukraine, da Deutschland/der Westen bei einem möglichen Blackout im Winter keine Möglichkeiten der Änderung der Notversorgungsstrategie mehr haben. Nach Ende des Krieges können die Ukraiinischen Pipelines viel schneller repariert werden und man könnte mit den Transitkosten den Wiederaufbau teilfinanzieren. Ausserdem kann Russland nicht mehr die Pipelines auf ukraiinischen Gebiet stillegen, um Europa nur noch über die Ostsee zu versorgen. Denn die Ukraiine ist auf die weitere Lieferung von Gas angewiesen, da sie einer der am meisten von Gas als Energieträger abhängigen Staaten der Welt ist. Daher muss Russland die Ukraiine mit Gas beliefern, sobald Russland Geschäfte mit Europa machen will. Wenn man keine Lieferverträge bekommt, zapft man es einfach wieder ab wie damals, was überhaupt der Grund für den Bau von Nord-Stream2 war.

2. Den Amerikanern, da sie immer schon gegen die russischen Pipelines waren, da sie wegen dieser Gaslieferungen ihr teureres Fracking-Gas nicht loswurden. Wenn jetzt gigantische Investitionen zur Wiederaufnahne riesiger Frakinganstrengungen (Wiederinbetriebnahme stillgelegter Anlagen, Pipelines zu Häfen, Neubau von Spezialtransportschiffen, Neubau von Hafenanlagen) gemacht und finanziert werden sollen, muss sichergestellt werden, dass bei Kriegsende kein russisches Gas mehr nach Europa kommt. Letzter Beweis wäre eine weitere Detonation demnächst an dem noch unzerstörten Strang.

3. Den Polen, da sie mit den Amerikanern gemeinsam immer gegen die autake russische Gasversorgung Deutschlands waren. Wenn Gasversorgung Deutschlands/Westeuropas, dann nur über ihr Territorium mit der Möglichkeit der Transiteinnahmen für Polen und billigerem Gas für die polnische Wirtschaft als für Europa wegen der gesparten Transitkosten.

4. Eine nach Vorbild der RAF radikalisierte Umweltschützer-Truppe. Allerdings ist es unwahrscheinlich, dass sie das technische Vermögen und Kapital haben, um soetwas ohne Kenntnis westlicher Geheimdienste durchzuziehen.


Diese Motive sind sicherlich nicht von der Hand zu weisen. Das russische Interesse, die gegnerische Front aufzubrechen, ist aber mindestens von gleichem Gewicht.

Der Unterschied liegt in der Dringlichkeit. Die Amerikaner, Polen und Ukrainer müssen die Pipelines derzeit nicht zerstören, weil Deutschland auf unabsehbare Zeit kein Gas abnehmen würde. Putin brennt aber nach den militärischen Misserfolgen in der Ukraine genau jetzt der Kittel.

Deshalb ist für mich die Wahrscheinlichkeit der russischen Urheberschaft des Anschlags zumindest leicht überwiegend.
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Re: Wende in der Energiepolitik

Beitragvon Uel » So 2. Okt 2022, 18:09

Diese Motive sind sicherlich nicht von der Hand zu weisen. Das russische Interesse, die gegnerische Front aufzubrechen, ist aber mindestens von gleichem Gewicht.


Da das Vorgehen Russlands in der Ukraiine nicht nach Schachweltmeister-Strategie ausschaut, kann natürlich ein wutblinder Geheimdienst-Vortänzer auch soetwas angerührt haben und Putins blindwütigen Segen erhalten haben. Nur ist es von so einer Größe von Dummheit und zukünftiger Selbstschädigung, dass ich dies zur Zeit noch für sehr unwahrscheinlich halte, - im Endkampfstadium, wenn es um verbrannter eigener Erde geht, - vielleicht, - aber zum jetzigen Zeitpunkt eher noch nicht. Denn wenn ich die Berichte richtig verstehe, handelt es sich um 3 Gasstränge die zerstört wurden, und das mit 4 Detonationen***. Das spricht eher gegen rüssische und eher für unkundige Saboteure, die den 4.Strang mit den andern verwechselten und daher einen Stang 2x sprengten und einen daher NOCH! intakt ließen. Wenn die Dänen und Schweden aufpassen, kann vielleicht der Täter noch erwischt werden, beim Versuch sein Ding zu vollenden***.

Es sei denn, die Chinesen oder Inder hätten einen Beweis gefordert, dass sie zu Energie-Kunden erster Klasse aufrücken würden, bevor sie in Infrastruktur-Maßnahmen für den Transport in ihre Territorien investieren würden. Dann wäre Deine Priorisierung der Russen, lieber Alex, sehr verständlich. Resümee: selbstverständlich könnten es auch die Russen sein, aber es bleibt bei dem Fragezeichen 4. Gasleitung***.

Die Russen rücken in der Wahrscheinlichkeit nach oben, je besser die Röhren gegen Lecks geschottet sind und je weiter es vom Totalverlust wegrückt und je schneller eine Reparatur möglich ist. Die Russen hatte ich als Generalverdächtigte in meinem Ranking versehendlich nicht eingeordnet, ich würde sie auf Position 3 vor die Polen setzen.+++

*** wenn die Pressemitteilung über Stränge und zugeordnete Detonationen richtig sind.

+++ die Frage ist, wie weit Kaczyński nationalistisch ist, denn Polen spielte mal im ukraiinischen Raum die erste Geige als "Unionsstaat" Polen-Litauen und Teile der Ukraiine waren sogar bis zum 2.Weltkrieg polnisch. ;) Da Polen gerade jetzt langfristige Rechnungen aufmacht (neue Reparationsforderungen an Deutschland), warum nicht auch an Russland und die Ukraiine, war doch die selbe Zeit.
Liebe Grüße
von Uel

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Re: Wende in der Energiepolitik

Beitragvon AlexRE » Mo 3. Okt 2022, 04:49

Die Russen rücken im Ranking nach oben, wenn "ihre" Pipeline schnell und kostengünstig repariert werden kann? Das halte ich für einen verfehlten Maßstab. Für Putin geht es derzeit um alles oder nichts, er spielt sozusagen Vabanque. Die Chance einer Spaltung der Nato durch gegenseitige Verdächtigung ist von so großem Gewicht, dass die Kosten für einen Neubau der Pipeline (NS II 7,4 Mrd. €) und den Zeitverlust zu vernachlässigen sind.
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Re: Wende in der Energiepolitik

Beitragvon maxikatze » Mo 3. Okt 2022, 18:48

Ein Beitrag in der FAZ, der vor zwei Jahren erschienen ist:
AMERIKA GEGEN NORD STREAM 2
„Diese Pipeline findet nicht statt“

https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/ ... 63580.html
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Re: Wende in der Energiepolitik

Beitragvon AlexRE » Mo 3. Okt 2022, 19:04

maxikatze hat geschrieben:Ein Beitrag in der FAZ, der vor zwei Jahren erschienen ist:
AMERIKA GEGEN NORD STREAM 2
„Diese Pipeline findet nicht statt“

https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/ ... 63580.html


Das ist schon sehr verdächtig, logisch. Gesprengt wurden die Pipelines aber nicht, nachdem sich Deutschland und Russland über alle amerikanischen Sanktionen hinweggesetzt hatten, sondern erst, nachdem NS II nicht in Betrieb genommen wurden und russische Erpressungsversuche nach Kriegsbeginn furchtlos waren. Das ist mindestens ebenso verdächtig.
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Re: Wende in der Energiepolitik

Beitragvon Uel » Mo 3. Okt 2022, 19:21

Die Russen rücken im Ranking nach oben, wenn "ihre" Pipeline schnell und kostengünstig repariert werden kann? Das halte ich für einen verfehlten Maßstab. Für Putin geht es derzeit um alles oder nichts, er spielt sozusagen Vabanque. Die Chance einer Spaltung der Nato durch gegenseitige Verdächtigung ist von so großem Gewicht, dass die Kosten für einen Neubau der Pipeline (NS II 7,4 Mrd. €) und den Zeitverlust zu vernachlässigen sind.


Lieber Alex, da bin ich anderer Ansicht: Die Spaltung der Nato kann doch nur stattfinden, wenn eine Alternative möglich ist. Wenn die Russen aber langfristig nicht mehr liefern können, sind sie keine Alternative mehr und keinerlei sinnvoller Anlass zur Spaltung. Der Zeitverlust ist der Faktor schlechthin für mögliche Ersatzbeschaffungen (Verbrauchseinschränkungen durch Sparbemühungen, neue Energiespartechniken und Gasalternativen, Ersatzbeschaffung von Gas durch Pipelines sowie Erschließung von Fraking- und Bio-Gas etc.) Wenn der Kunde Ersatz gefunden hat, ist er halt dauerhaft weg, da nutzt auch eine reparierte Pipeline nichts mehr.

Der einzige Punkt, der für Deine Theorie spricht ist, dass die 4. Röhre, die noch intakt ist, zu Nordstream2 gehört: also Nötigung zum Erlass der Betriebserlaubnis für den Rest von Nordstream2, um die vertraglichen Restmengen doch noch liefern zu können.

Jedenfalls wäre Putin ein miserabeler Geschäftsmann, wenn er selbst seinen Hauptexportschlager mit begrenzter Haltbarkeit wegen der Energiewende, derart beschädigen würde, dass der Druck auf Gasersatz durch neue Technologien ihn noch früher aus dem Geschäft drängt als ohnehin erwartbar.

Selbst wenn ein Nato-Partner verantwortlich sein sollte, wird das niemals zu einer Spaltung führen. Die westliche PR-Maschinerie wird dies der Bevölkerung schon als dringend notwendige Maßnahme verkaufen. Wer der Bevölkerung den wirtschaftlichen Kollaps Westeuropas durch eine Super-Rezession aus Solidarität mit einer Ukraiine verkaufen kann, die uns an sich nichts angeht, der kann auch die Sprengung von Pipelines als militärisch notwendig verkaufen.
Liebe Grüße
von Uel

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Re: Wende in der Energiepolitik

Beitragvon AlexRE » Di 4. Okt 2022, 10:20

Gegenseitiges Misstrauen würde das Bündnis auf jeden Fall schwächen. Den russischen Interessen wäre schon gedient, wenn die schlechte Stimmung im Bündnis eine geschlossene Haltung in sensiblen Einzelfragen erschwert, ob Panzerlieferungen oder sonstwas. Außerdem kommt es nicht nur auf die Berufspolitiker und deren Optionen bzw. mangelnde Alternativen an. Die jüngere Vergangenheit hat gezeigt, dass Putin es für einen schlauen Schachzug hält, sich in Wahlkämpfe in westlichen Demokratien einzumischen und Wähler zu beeinflussen. Die Bildung einer Mehrheitsmeinung in Europa dahingehend, dass die Amis die Pipelines gesprengt haben, wäre der größtmögliche Erfolg einer solchen Strategie und würde insbesondere in Deutschland eine Wählerbewegung im Sinne Putins bewirken können.
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Re: Wende in der Energiepolitik

Beitragvon maxikatze » Di 4. Okt 2022, 10:46

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Re: Wende in der Energiepolitik

Beitragvon maxikatze » Di 4. Okt 2022, 11:48

US-Ökonom Jeffrey Sachs: USA für Lecks in Nord Stream-Pipelines verantwortlich
https://www.berliner-zeitung.de/news/us ... -li.273128
Noch ist nichts bewiesen, aber zuzutrauen ist ihnen diese "Aktion" schon. Sie haben großes Interesse daran, dass kein Gas durch die Leitungen fließt. Nie machten sie ein Geheimnis daraus. Sie wollten sich wohl nicht auf den Wackelkandidaten Deutschland verlassen und haben darum Fakten geschaffen?
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