Livia hat geschrieben:Das ist leider auch bei uns so. Nur hier wird die Erbschaftssteuer kantonal erhoben, das heisst bei einigen Kantonen bezahlt man keine Steuern und bei anderen horrende Beträge. Das ist ungerecht, gerade bei geringverdienenden. Ich musste, als meine Cousine gestorben ist, 30% Erbschaftssteuer bezahlen, obwohl ich nur einen kleinen Betrag erhalten hatte. Sie hatte all die Jahre stets ihre Steuern bezahlt, und als sie starb, knöpfte man sämtlichen Erben noch zusätzlich 30% Steuern ab, das ist Abzocke pur.
Viele Menschen finden es ungerecht, dass die Erbschaftssteuer auf bereits versteuertes und gespartes Geld zugreift. Dieser verbreiteten Empfindung liegt aber ein Denkfehler zugrunde. Ersparnisse sind das einzige Geld, das nur einmal versteuert wurde. Wer nicht genug verdient, um nennenswerte Beträge anzusparen, muss sein ganzes Geld mehrfach versteuern, weil auf alle Ausgaben Mehrwertsteuer und andere indirekte Steuern anfallen (Mineralölssteuer, Tabaksteuer usw.). Ganz so ungerecht ist die Erbschaftssteuer deshalb auch wieder nicht.
Diese junge Dame übersieht aber mit ihrem ausgeprägten Gerechtigkeitssinn die Gefahren, die in der Erbschaftssteuer liegen (was ich oben beschrieben habe):
Millionenerbin Marlene Engelhorn
Superreichtum? Nein danke
(...)
Denn Marlene Engelhorn findet es nicht gerecht, so viel Geld zu bekommen, ohne dafür etwas getan zu haben. Und vor allem, ohne dafür Steuern zahlen zu müssen: In Österreich gibt es keine Erbschaftssteuer.
Immer wenn Geld von einer Hand in die andere wandert, werde das besteuert, „außer wenn diese Hände schon reich sind, und das ist eine Frechheit“.
(...)
https://www.deutschlandfunkkultur.de/mi ... obal-de-DEIhr Denkfehler ist, dass sie sich mit ihrem zweistelligen Millionenerbe zu den "Superreichen" zählt". Dazu gehört sie aber definitiv nicht. Superreiche potentielle Gefährder der Demokratie sind nur Milliardäre. Wenn die Staaten sich entsprechend der Vorstellung der jungen Dame bei den Erben der einfachen und zweistelligen Millionäre bedienen würden, könnten sich die Milliardäre sehr wahrscheinlich immer noch Substanzsteuern aller Art entziehen, weil sie über das Drohpotential verfügen, ganze Industrien von einem Land ins andere zu verschieben, wenn man ihnen ihre Steuergestaltungsmöglichkeiten wegnimmt (Vermögen auf steuerbefreite Stiftungen übertragen oder die Wohnsitze der Erblasser in Länder ohne Erbschaftssteuer verlegen). Die superreichen Erben, also das "alte" große Geld, könnten den noch nicht so reichen Erben von z. B. Unternehmensgründern ihre Unternehmensbeteiligung billig abkaufen, weil die Erben des "neuen" Geldes durch die Erbschaftssteuer unter Verkaufsdruck geraten. Das würde den Leistungswettwerb durch Abwürgen der Konkurrenz für das Establishment von unten viel stärker beschädigen und feudalstaatliche antidemokratische Fehlentwicklungen stärker begünstigen als der völlige Verzicht auf die Erbschaftssteuer. Deshalb hatte ich geschrieben, dass eine Erbschaftssteuer nur sinnvoll hinsichtlich einer offenen und demokratischen Gesellschaft sein kann, wenn der Staat die Finger von Betriebsvermögen lässt und eine einmal veranlagte Erbschaftssteuer erst einzieht, wenn Unternehmsanteile verkauft oder dem Unternehmen von den Eigentümern privat Geld entnommen wird.