GMX News Aktuelle News Coronavirus - "COVID-19-Studien: Infektion bedeutet nicht automatisch Immunität"Aktualisiert am 03. Juli 2020, 17:07 Uhr
Antikörper-Tests sollen das bundesweite Ausmaß der Corona-Verbreitung klären. Doch
viele Infizierte mit nur leichten Symptomen haben kein ausgeprägtes Antikörper-Profil. Was heißt das für Herdenimmunität und Immunitätspässe?
Jeder zweite Deutsche hat große oder sehr große Sorgen vor einem deutlichen Wieder-Anstieg der Corona-Infektionen in den kommenden Wochen. Das zeigt eine aktuelle Umfrage von Infratest dimap für den ARD-Deutschlandtrend. Bei rund 13 Prozent der Menschen ist die Sorge demnach sehr groß, bei etwa 37 Prozent groß.
Menschen hoffen auf Immunität gegen COVID-19, doch Studien warnenIn der Corona-Pandemie hoffen daher viele Menschen auf eine Immunität - entweder nach überstandener Infektion oder durch eine möglichst bald verfügbare Impfung. Beides könnte das Immunsystem gegen den Erreger wappnen und Menschen vor der Krankheit COVID-19 schützen.
Nun deutet eine wachsende Zahl von Studien darauf hin, dass gerade bei Menschen, die nur wenige oder gar keine Symptome hatten, schon bald nach einer Infektion keine Antikörper im Blut mehr nachweisbar sind.Was das für eine mögliche Immunität bedeutet, ist noch unklar.
Dennoch wecken die Beobachtungen nicht nur Zweifel an der Aussagekraft von Antikörper-Tests, sie stellen auch die derzeit diskutierten Immunitätspässe infrage. Und nicht zuletzt ist ein möglichst genaues Verständnis der Immunantwort auf Sars-CoV-2 zentral für die Entwicklung eines Impfstoffs.
Immunantwort auf COVID-19 scheint uneinheitlich auszufallen[...]
T-Zellen sind eine Art Gedächtnis des Immunsystems und sorgen bei erneutem Kontakt mit einem Erreger für eine schnellere Immunantwort. Antikörper reagieren auf bestimmte Merkmale auf der Oberfläche eines Erregers, sogenannte Antigene. Sie binden diese und können Erreger so inaktivieren.
Auf den ersten Blick scheint das Vorhandensein solcher Antikörper ein guter Hinweis auf eine frühere Infektion zu sein. Doch Studien wecken Zweifel daran, dass alle Infizierten Antikörper über längere Zeit entwickeln.
So fand eine Untersuchung des Universitätsspitals Zürich bei Menschen mit milden oder asymptomatischen Verläufen zwar IgA-Antikörper, welche Erreger stärker binden, in Tränenflüssigkeit und Nasenschleimhaut, aber keine IgG-Antikörper, welche über längere Zeit aktiv und am längsten nachweisbar sind, im Blut.
Dies wäre wichtig für die Bildung des Immungedächtnisses - damit das Immunsystem bei erneutem Kontakt mit dem Erreger stärker und schneller reagiert, sodass eine Krankheit mitunter gar nicht erst wieder ausbricht. Die Schweizer Studie ist bislang nur als Preprint verfügbar - sie ist also nicht von Experten begutachtet und nicht in einem Fachjournal publiziert.
Wenige Symptome, schnelleres Verschwinden von AntikörpernEine weitere als Preprint veröffentlichte Studie des Lübecker Gesundheitsamts fand bei 30 Prozent von 110 Corona-Infizierten mit ebenfalls höchstens mäßigen Covid-19-Symptomen keine Antikörper. Und im Fachblatt "Nature Medicine" berichten Forscher aus China, dass bei Infizierten ohne Symptome die Antikörper-Konzentrationen im Blut bereits nach kurzer Zeit deutlich sanken. Nach drei Monaten waren bei 40 Prozent der asymptomatischen Patienten keinerlei Antikörper mehr nachweisbar.
In der "Cochrane Library" berichten Forscher nach Auswertung von 54 Studien an Menschen mit eher schwerer Covid-19-Erkrankung, dass neben der Ausprägung der Symptomatik auch der Zeitpunkt des Tests entscheidend ist. Optimal sind demnach Analysen 15 bis 35 Tage nach Beginn der Symptome.
Solche Studien lassen die Aussagekraft möglicher Massentests auf Antikörper, die das Ausmaß der Infektion in der Bevölkerung anzeigen sollen, fraglich erscheinen.
Zudem könnte eine durch Antikörper gegebene Immunität bei vielen Sars-CoV-2-Infizierten schon nach kurzer Zeit wegfallen.Skepsis in der Fachwelt beim Thema Immunitätspässe[...]
Wissenschaftlich ist ohnehin nicht gesichert, dass die Präsenz von Antikörpern automatisch vor einer erneuten Infektion schützt. "Wir wissen generell noch nicht genau, wie Antikörper schützen", stellt Immunologe Jacobs fest. Studien würden zwar einen solchen Schutz nahelegen, "aber wie hoch beispielsweise der Antikörper-Spiegel dafür sein muss, bleibt unklar".Ebenso wenig überrascht Jacobs die Feststellung, dass gerade bei asymptomatischen Erkrankungen schnell wenige oder gar keine Antikörper mehr auffindbar sind: "Wenige Viren im Hals- und Rachenbereich genügen wahrscheinlich nicht, um eine große Antikörper-Antwort oder T-Zellen-Immunität auszulösen." Für das Immunsystem habe diese angepasste Reaktion durchaus Sinn, da wir im Alltag ständig Pathogenen ausgesetzt seien: "Wenn wir mit leichten Waffen antworten können, brauchen wir keine schweren Geschütze auffahren." Bei Covid-19-Erkrankungen mit schwereren Symptomen werde indes vermutlich schon ein längerfristiger Schutz aufgebaut.
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Mehr dazu unter:https://www.gmx.net/magazine/news/coron ... t-34850656Kommentar
Dieser derzeitig aktuelle Sachstand zur Frage der Immunität lässt nur den Schluss zu, dass insgesamt noch größere Vorsicht angebracht erscheint, als man das bislang wahrhaben möchte, sowohl bei denjenigen die noch nicht Infiziert waren, als auch insbesondere für jemanden der bereits, aber nur mit leichten Symptomen, Infiziert war.
Die Studien weisen zumindest eine klare Richtung aus. Je leichter der Verlauf der Erkrankung, desto höher die Wahrscheinlichkeit der Möglichkeit einer weiteren Infektion.Da es insgesamt kein klares, bzw. endgültig eindeutiges Ergebnis in die eine oder andere Richtung gibt, kann das nur heißen "Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste". Bleiben Sie aufmerksam sowie vorsichtig und damit wahrscheinlich gesund