maxikatze hat geschrieben:Dem Gericht zufolge bestand für den Angeklagten zum Zeitpunkt der Schüsse keine Lebensgefahr mehr, da die Täter bereits auf der Flucht waren. Auch zur Verteidigung seines Eigentums seien die auf Oberkörperhöhe abgegebenen Schüssen ohne Warnung nicht angemessen gewesen. Zwar sei die Verteidigung von Eigentum auch mittels Schusswaffe durchaus erlaubt. Der Angeklagte hätte aber zumindest einen Warnschuss abgeben „können und müssen“.
Die Angeklagte sei zudem Jäger und daher auch im Umgang mit Schusswaffen geübt gewesen. Außerdem waren laut Urteil durch die Aktivierung der Alarmanlagen starke Lampen rund um das Haus angegangen, sodass der Schütze zum fraglichen Zeitpunkt eine gute Sicht hatte.
Das ist keine Begründung dafür, warum der Rentner eine lachhafte Bewährungsstrafe von wenigen Monaten bekommt, wenn er ganz bewusst jemanden in den Rücken schiesst, obwohl sein Leben nicht mehr in Gefahr war. Für diese Selbstjustiz, die für den Jugendlichen tödlich endete, ist eine Bewährungsstrafe nach meinem Rechtsempfinden inakzeptabel.
Wenn man die Notwehr tatsächlich als überschritten ansieht (was ich nicht tue), erscheint die Strafe für eine vorsätzliche Tötung zwar als unverständlich gering, entspricht aber dem, was das Gesetz vorsieht. Die angebliche "Selbstjustiz" war dann die unmittelbare Reaktion auf eine extrem schwere Provokation in Gestalt des brutalen Raubüberfalls. Das wäre ein minder schwerer Fall des Totschlags:
§ 213 Minder schwerer Fall des Totschlags
War der Totschläger ohne eigene Schuld durch eine ihm oder einem Angehörigen zugefügte Mißhandlung oder schwere Beleidigung von dem getöteten Menschen zum Zorn gereizt und hierdurch auf der Stelle zur Tat hingerissen worden oder liegt sonst ein minder schwerer Fall vor, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.
http://dejure.org/gesetze/StGB/213.htmlDer Strafrahmen von einem bis 10 Jahren, der ohnehin schon eine Bewährungsstrafe ermöglicht (bis 2 Jahre ist Bewährung möglich), würde dann wegen der vom Gericht angenommenen verminderten Schuldfähigkeit des Rentners noch einmal reduziert:
§ 21 Verminderte Schuldfähigkeit
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
http://dejure.org/gesetze/StGB/21.htmlSo bleibt ein Strafrahmen von 3 Monaten bis 7 1/2 Jahren:
(...)
2. Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3. Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sich
im Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,
im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,
im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,
im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.
(...)
http://dejure.org/gesetze/StGB/49.htmlBei diesem Strafrahmen sind 9 Monate auf Bewährung für einen nicht Vorbestraften eine ganz typische Strafzumessung. Unter Berücksichtigung des Alters würde selbst ohne die eingeschränkte Schuldfähigkeit jedes Gericht auf eine Bewährungsstrafe erkennen. Hinsichtlich der mutmaßlichen rechtspolitischen Absicht, das Notwehrrecht in Zeiten steigender Kriminalität einzudampfen, um einer Gewaltspirale vorzubeugen, reicht das auch. So weitreichende rechtspolitische Ziele sollten Richter eigentlich gar nicht verfolgen, weil sie so dem Gesetzgeber ins Handwerk pfuschen. Auch noch ein Exempel zu statuieren und einen Greis in den Knast zu stecken, wäre da wirklich unter aller Sau.