Ich halte schon Ausschau nach einem geeigneten Fall in Sachen Verbiegung des Notwehrrechts. Dazu braucht man natürlich einen zu Unrecht Angeklagten, der sich notfalls bis hin zum EuGMR verteidigen will. Meistens raten die Anwälte ja zu Kompromissen...
Hier noch Grundsätzliches zum Notwehrrecht, gestern auf einem anderen Forum geschrieben:
Mariko hat geschrieben:Dabei lernt man im Studium, dass das deutsche Notwehrrecht eigentlich ein recht scharfes ist, weil es nur bei wirklich groben Unverhältnismäßigkeiten überschritten ist. Aber wenn es dann so ausgelegt wird (das ist ja schon nicht mehr bloß restriktiv), bleibt davon natürlich nichts übrig....
Die dem deutschen Notwehrrecht eigene Rechtsgüterabwägung - nur bei einem extremen Missverhältnis der Rechtsgüter ist die Notwehr nicht "geboten" - lässt keine Spielräume für eine restriktive Auslegung. Bei einem Angriff auf Leben und Gesundheit kann man dem Verteidiger keine falsche Rechtsgüterabwägung andichten, weil die Rechtsgüter des Angreifers eindeutig nicht zählen, solange die Gefahrenlage andauert.
Deswegen behaupten die Gerichte einfach, dass ein milderes Mittel zur Verfügung gestanden hätte und dass die Verteidigung deshalb unverhältnismäßig gewesen wäre. In diesem Fall hier hatte der Angreifer immer noch die Bierflasche in der Hand, mit der er zuvor eine Frau niedergeschlagen hätte. Trotzdem behauptet der Richter einfach mal, dass man in dieser Situation ohne eigenes Risiko auch mildere Mittel als kräftiges Wegschubsen wählen könne. So wie ein anderer Richter eben der Auffassung war, dass man sich gegen eine Übermacht von Strassenschlägern auch ohne Messer risikolos wehren kann, wenn man etwas grösser als der Vorturner der Bande ist. Die Lücke im positivistischen Rechtssystem liegt also vor allem darin, dass Richter einfach lebensfremde Sachverhalte behaupten können und dass es dagegen keine systemischen Abwehrmittel gibt.
oder ihm die Flasche weggenommen und damit auf ihn eingeschlagen hätte, aber so wollte er ihn nur festnehmen (jedermanns Recht, § 127 StPO), der andere wehrte sich, es kam zu einer Rangelei, bei der der Täter unglücklich stürzte und sich nur die Hand brach. Auf der Basis solcher Urteile frage ich mich, wie man dieses Festnahmerecht rechtlich sauber ausüben soll - die wenigsten werden sich widerstandslos hinsetzen und mit dem Helfer auf die Polizei warten...
Er durfte den Aggressor nach § 127 StPO bis zum Eintreffen der Polizei daran hindern, sich zu verdünnisieren. Deshalb war der neuerliche Angriff des ursprünglichen Aggressors nicht gerechtfertigt und die daran anschliessende Verteidigungsmaßnahme war eindeutig Notwehr. Da gibt es keinen Spielraum für eine seriöse juristische Diskussion. Das ist einer von vielen Fällen von klarer Rechtsbeugung auf diesem Gebiet.