Gespräch mit Roberto Scarpinato

Hier wird das Problem des zunehmend mangelhaften Schutzes der Bürger vor Gewalttaten und dessen verfassungsrechtliche Relevanz erörtert. (Artikel 1 Abs. 1 Satz 2 GG)

Gespräch mit Roberto Scarpinato

Beitragvon AlexRE » Mi 18. Aug 2010, 14:29

Ein hier nicht registrierter Teilnehmer meines privaten Forums hat dort ein interessantes Thema eröffnet. Das kopiere ich hierher:
________________________

einmammut hat geschrieben:Gespräch mit Roberto Scarpinato

Der ehemalige Bürgermeister der sizilianischen Küstenstadt Gela hat sich in Italien als wagemutiger Mafia-Jäger einen Namen gemacht. Er erhielt Morddrohungen und lebt seit 2003 mit ständigem Begleitschutz

http://videos.arte.tv/de/videos/diskussionsrunde-3372310.html


Mafia, Parasit

http://videos.arte.tv/de/videos/mafia_parasit-3370962.html

Dreckige Geschäfte

http://videos.arte.tv/de/videos/dreckige_geschaefte-3370966.html


Mfg


Die lange Reihe der italienischen Mafiajäger repräsentiert für mich insgesamt eine der bewunderswürdigsten Heldentraditionen der Neuzeit. Dass ausgerechnet die Italiener nach ihren blamablen Auftritten in den beiden Weltkriegen diese Heldentradition begründet haben, ist schon fast ein Treppenwitz der Geschichte ;) .

Dass es aber überhaupt einer grossen Zahl todesmutiger Helden bedarf, um Rechtsstaaten wirksam vor ordinären schmierigen Erwerbskriminellen zu schützen, wirft m. E. gravierende Fragen hinsichtlich der Integrität der heutigen Rechtsordnungen in der demokratischen Welt auf. Jede Strategie einer wesentlich wirksameren und nachhaltigeren (d. h., dass sich zerschlagene Banden nicht so leicht neu formieren können) Bekämpfung dieses Gesindels, die ich mir vorstellen kann, würde heute vom EuGHMR oder auch schon vom BVerfG für rechtswidrig erklärt.

Damit meine ich z. B. eine echte lebenslängliche Freiheitsstrafe schon für die Mitgliedschaft in so einer Bande und den vollständigen Vermögenseinzug unabhängig von der Herkunft der Vermögen.

Die Mehrheit der vom deutschen Volkssouverän gewählten Parlamentarier hat übrigens schon einmal eine Vermögensstrafe für solche Verbrecher beschlossen, das BVerfG war aber der Auffassung, dass diese Strafandrohung zu "unbestimmt" sei....

BVerfG > § 43a StGB ist verfassungswidrig
Der Stuttgarter OB Rommel:

Ich trete überall, wo das notwendig ist, der Meinung entgegen, der Umstand, dass die Diktatur zu allem fähig war, berechtige dazu, die Demokratie zu allem unfähig zu machen.
Benutzeravatar
AlexRE
Administrator
 
Beiträge: 28096
Registriert: Di 16. Dez 2008, 15:24

Re: Gespräch mit Roberto Scarpinato

Beitragvon AlexRE » Do 21. Okt 2010, 13:13

Zu diesem Artikel über das Totalversagen der mexikanischen Polizei im Kampf gegen die organisierte Drogenkriminalität gibt es auf politikforen.net einen thread:

http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,724082,00.html

Ich kopiere hierher, was ich dort zu den jüngsten deutschen "Errungenschaften" auf diesem Gebiet geschrieben habe:
___________________________________________________________________

Man muss auf jeden Fall die Geldflüsse im Drogenhandel und die Vermögen der Bosse angreifen, sonst führt jeder Teilerfolg der Polizei nur dazu, dass ein paar Akteure in der Szene ausgewechselt werden.

In Deutschland ist vor ein paar Jahren ein StGB - § (43a) eingeführt worden, der für die Mitgliedschaft in der organisierten Kriminalität den völligen Vermögensentzug als Strafe vorsah. Den hat aber das BVerfG wegen angeblichen Verstoßes gegen das besondere Bestimmtheitsgebot sofort wieder kassiert:

http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/rs20020320_2bvr079495.html

Auszug:

Wie der Richter mit dieser unklaren Gesetzeslage im Einzelfall umgeht, ob er also an einer ursprünglich vorgesehenen Vermögensstrafe festhält und im Falle der Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafe die Möglichkeit eines schuldunterschreitenden Gesamtstrafenübels in Kauf nimmt oder ob er sich zu einer dem Höchstmaß der Ersatzfreiheitsstrafe entsprechenden Reduzierung der Vermögensstrafe entschließt, ist vom Gesetz nicht bestimmt und für den Normadressaten nicht voraussehbar. Dies steht im Widerspruch zu den Zielen von Belastungsgleichheit und Rechtssicherheit, die im Rahmen des Bestimmtsheitsgebots vom Gesetzgeber verlangen, solche weit reichenden Entscheidungen selbst zu treffen.


Die Mehrheit der 8 Richter des Senats, darunter so typische Parteibuchrichter wie Limbach und Hassemer, meint also, dass das besondere Bestimmtheitsgebot Verbrechern sowas wie Rechtssicherheit und damit Planungssicherheit für den Fall des Erwischtwerdens schon im Vorfeld ihrer Straftaten gewähre. Und genau das ist mit absoluter Sicherheit nicht der Sinn dieser Vorschrift, da muss man nur lesen und klar denken können:

Artikel 103.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.


http://dejure.org/gesetze/GG/103.html

Was steht da? Dass Verbrecher die Folgen ihrer Straftaten für sie selbst möglichst genau einschätzen können müssen oder steht da vielleicht nur, dass man für ein erlaubtes Handeln nicht durch rückwirkende Einführung eines Verbots zum Kriminellen gestempelt werden darf???

Herr Hassemer ist übrigens auch der juristische Monumentaldenker, der verkündet hat, dass fremdkulturelle Sitten einen Verbotsirrtum hinsichtlich hiesiger Gesetze begründen könnten....

Man beachte auch den langen Text der von 3 überstimmten Richtern verfassten Gegenmeinung unter dem BVerfG - Urteil, die Argumentation ist wirklich absolut stimmig und unvergleichlich präziser als die der Mehrheit des Senats.
Der Stuttgarter OB Rommel:

Ich trete überall, wo das notwendig ist, der Meinung entgegen, der Umstand, dass die Diktatur zu allem fähig war, berechtige dazu, die Demokratie zu allem unfähig zu machen.
Benutzeravatar
AlexRE
Administrator
 
Beiträge: 28096
Registriert: Di 16. Dez 2008, 15:24

Re: Gespräch mit Roberto Scarpinato

Beitragvon Sodalla » Fr 22. Okt 2010, 21:12

Dem möcht ich noch eins hinzufügen.

http://www.youtube.com/watch?v=QTjpU2MJ5Gk
http://www.youtube.com/watch?v=Ips5mvZwpo0&feature=related
http://www.youtube.com/watch?v=lliSe4lIMVs&feature=related

Inwieweit soche Strukturen in Deutschland gedigen sind wäre eine interessante aber nicht ungefähliche Frage.
Sodalla
 

Re: Gespräch mit Roberto Scarpinato

Beitragvon AlexRE » Sa 23. Okt 2010, 10:22

Zum Thema "Freimaurer" gibt es auf dem privaten Forum einen thread, den die Eröffnerin nicht hierher übertragen hat:

Grundgesetz Aktivierer > Staat und Kirche > Freimaurer

Die Videos kann man hier auf dem phpbb3 - Forum des Vereins in Beiträge einbinden, dazu muss man unter dem jeweiligen youtube - Video auf die Schaltfläche "Weiterleiten" klicken, den Link dort herauskopieren, hier einfügen und oben über dem Schreibfeld auf die Schaltfläche "youtube" klicken.

Link


Link


Link
Der Stuttgarter OB Rommel:

Ich trete überall, wo das notwendig ist, der Meinung entgegen, der Umstand, dass die Diktatur zu allem fähig war, berechtige dazu, die Demokratie zu allem unfähig zu machen.
Benutzeravatar
AlexRE
Administrator
 
Beiträge: 28096
Registriert: Di 16. Dez 2008, 15:24


Zurück zu Staatliches Gewaltmonopol und Sicherheit der Bürger

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 10 Gäste