Tagesspiegel - "Dem Coronavirus auf der Spur: Was Forscher in den Wochen seit dem ersten Ausbruch gelernt haben""[...]
1. Was über die Ansteckung bekannt ist[...]
Heute gelten winzige Tröpfchen, die beim Husten, Niesen, Singen, Schreien aber auch Sprechen entstehen, als wichtigster Übertragungsweg. Auch Viruspartikel enthaltende sogenannte Aerosole – die deutlich länger als ein Tropfen in der Luft schweben – könnten Übertragungen bedingen. Im Freien oder bei guter Lüftung können diese sich besser verflüchtigen als in engen, geschlossenen Räumen.Auch Personen, die kaum oder keine Symptome haben, können Überträger sein. Das Virus vermehrt sich in der ersten, milden Krankheitsphase vor allem im oberen Rachenraum. Von dort kann es leichter zu anderen Menschen gelangen, als wenn es nur tief in der Lunge säße. 2. Wie gefährdet sind Älteren – wie gefährlich die Jüngeren?In der frühen Phase der Epidemie galten Kinder als quasi immun. Zum Teil wurde vermutet, dass sie sich viel seltener anstecken als Erwachsene, möglicherweise weil ihnen die Moleküle, die das Virus in die Zelle einschleusen, fehlen könnten.
Inzwischen gilt als sicher, dass sie sich häufig anstecken und das Virus auch weitergeben.Schwere Verläufe sind bei Kindern selbst nach wie vor selten – es gibt sie aber, auch Todesfälle. Einige Kinder werden von einer systemischen Gefäßentzündung heimgesucht, die dem Kawasaki-Syndrom ähnelt (dessen Auslöser bisher unbekannt ist) und das Folgeschäden wie Aneurysmen an den Herzkranzgefäßen bedingen kann. Unklar ist weiterhin, welche Rolle Kinder als Überträger spielen.Ergebnisse aus Christian Drostens Labor an der Charité legen nahe, dass ihre Rolle vergleichbar mit der von Erwachsenen sein könnte. Es gibt aber auch Hinweise, etwa aus Italien, dass Kinder tatsächlich weniger erkranken könnten und auch seltener Überträger wären.
Am Montag zitierte die baden-württembergische Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) eine neue Studie der Unikliniken Heidelberg, Tübingen, Freiburg und Ulm, nach der es „Signale“ gebe, „wonach Kinder bis zehn Jahre als Überträger eine untergeordnete Rolle spielen“.
Von Anfang an war offensichtlich, dass ältere Menschen ein erhöhtes Risiko für schwere und auch tödliche Verläufe haben. Gründe dafür sind das mit zunehmendem Alter weniger aktive Immunsystem, Vorerkrankungen und Lebensstilfaktoren wie Rauchen oder Übergewicht. Tatsächlich sind bislang sehr viele der Verstorbenen hochbetagt und gesundheitlich vorbelastet.Geändert hat sich die Beurteilung der
Anfälligkeit von Asthmapatienten. Anfangs galt sie als hoch, inzwischen gibt es Hinweise, dass diese Personengruppe sogar weniger gefährdet ist, weil ihre Medikamente dazu beitragen, dass es auf den Schleimhäuten weniger Eintrittspforten-Moleküle für das Virus gibt.3. Sind Genesene wirklich immun?Normalerweise wird davon ausgegangen, dass, wer eine Krankheit überstanden hat, danach immun gegen sie ist. Dieser Schutz durch einen Vorrat an Antikörpern und langlebigen Zellen im Immunsystem, die sich an den Erreger erinnern und bei erneutem Befall schnell wieder eine Immunreaktion lostreten können, hält aber nur in Ausnahmefällen lebenslang.
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Die Sicht, inwiefern Genesene immun gegen Sars-CoV-2 sind, hat sich im Laufe der vergangenen Wochen immer wieder leicht geändert.
So gab es Befunde, wo bei solchen Personen gar keine Antikörper gefunden wurden, zudem Einzelfälle, in denen Genesene offenbar neu erkrankten. Dies bleibt ein wichtiger offener Punkt der Forschung, um beurteilen zu können, ob sich mit der Zeit in der Bevölkerung eine „Herdenimmunität“ verbreitet, die die Ausbreitung des Virus verlangsamen würde.
Auch, ob man Impfstoffe findet, die viele oder alle Geimpften immun machen, hängt mit davon ab.
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4. So hat sich die Einschätzung zu Masken verändert[...]
Inzwischen gelten auch offiziell sogar selbst gemachte Masken als so sinnvoll, dass sie akzeptiert werden, wo die inzwischen eingeführte Maskenpflicht gilt – auch das ist wieder weniger wissenschaftsbasiert als weiterhin dadurch bedingt, dass es nicht genügend professionelle Einweg- und wiederverwendbare Masken gibt.
Der medizinische Mund-Nasen-Schutz (Chirurgenmaske) schützt bei richtiger Anwendung Personen in der Nähe sehr effektiv. Die Träger schützt er weit weniger gut. Ähnliches gilt für Stoffmasken, wenn sie gut sitzen. FFP-2 und FFP-3-Masken sind konzipiert, um das Einatmen kleinster Partikel – auch Viren – durch den Träger zu reduzieren.
Wenn sie ein Ausatmungsventil haben, können von Infizierten aber relevante Mengen Keime in die Außenluft geraten. Auf allen Masken können sich beim Gebrauch Keime absetzen.5. Das Virus schädigt mehr als nur die Lunge[...]
Nachgewiesen oder hoch wahrscheinlich sind Schäden an Herz und Gefäßen, bedingt wohl vor allem durch massive Immunreaktionen und infarktartige Gefäßverstopfungen, die auf eine veränderte Produktion von Gerinnungsfaktoren durch das Virus zurückgehen und etwa die Nieren stark beeinträchtigen können.Auch Nervenzellen können geschädigt werden. Selten kommt es auch zu Entzündungen im Gehirn. Ein Befall der Bereiche im Hirnstamm, die die Atmung regulieren, könnte dafür verantwortlich sein, dass manche Patienten einen Atemstillstand erleiden. Auch Hautreaktionen sind beschrieben worden. Nach einem schweren Verlauf erholen sich viele Patienten nur sehr langsam. Über Langzeitfolgen weiß man wenig, weil es die Krankheit noch nicht lange gibt. Viele Erkrankte scheinen aber vollständig zu genesen.
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6. Ansteckung: Von kaum gefährlich bis hochansteckendAn dem Tag, als in Stockdorf die erste Ansteckung von Mensch zu Mensch in Europa nachgewiesen wurde, twitterte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), das Risiko einer Ausbreitung sei gering. Er berief sich auf Experten aus Virologie und Epidemiologie.
Heute ist klar, dass die Krankheit hochansteckend ist. Ohne Maßnahmen wie Social Distancing, Hygiene und Atemschutz kann eine Person im Schnitt deutlich mehr als zwei weitere anstecken – was ungebremst zu einer massiven Epidemie führen würde.
Zur hohen Virulenz trägt bei, dass sich das Virus massiv vermehren kann, ohne dass Betroffene sich besonders krank fühlen.7. Wie Forscher in die Zukunft blicken[...]
Die Vorhersage des Harvard-Epidemiologen Marc Lipsitch, dass sich über zwei bis drei Jahre 70 Prozent der Weltbevölkerung infizieren könnten, ist nach wie vor plausibel – wenn die damit erhoffte Immunisierung nicht schon vorher über Impfungen möglich wird.Sicher ist wohl, dass die unmittelbare Zukunft der Menschheit in vielen Bereichen anders aussehen wird, als wenn es die Pandemie nicht gegeben hätte: Der Infektionsschutz dürfte lange eine größere Rolle spielen. Masken werden präsent bleiben, das Homeoffice wird die Arbeitswelt nachhaltig verändert haben.Der Kampf gegen das Virus wird so viel Geld und Kraft gekostet haben, dass die Folgen jahrelang spürbar bleiben werden. Aber auch die Werte internationaler Kooperation, gegenseitiger Hilfe und wissenschaftlichen Austausches könnten nachhaltig zu den Lehren aus „Corona“ gehören.
Zum vollständigen Artikel:https://www.msn.com/de-de/nachrichten/c ... li=BBqg6Q9Ergänzend sei noch erwähnt, dass die Frage einer Infektiosität nach Genesung geklärt scheint: Siehe dazu viewtopic.php?f=66&t=2567&start=680#p113651 ) Bleiben Sie gesund