Nie wieder werden wir Peter Gauweiler im Bundestag hören.
Das Bedauern ist allgemein. Von rechts und von links beklagen Kommentatoren und Politiker, dass dem Parlament ein unabhängiger Geist und Eigendenker verloren gegangen ist.
Den Debatten werden nicht nur seine Beiträge fehlen. Gauweilers Verzicht könnte andere Abgeordnete animieren, im Fall des Zweifels den Weg der Feigheit zu wählen. Es gehört besonderer Mut dazu, in der Öffentlichkeit der Mehrheit der eigenen Partei zu widersprechen.
Peter Gauweiler hat nicht nur widersprochen. Er hat für seine Positionen in Sachen Euro und Rettungspolitik sogar vor dem Verfassungsgericht gekämpft.
Umso bedauerlicher, dass er jetzt gleich zwei wichtige Funktionen aufgibt. Den Rücktritt als stellvertretender Parteichef der CSU kann ich verstehen, politisch und auch menschlich. Die Auseinandersetzung mit seinem Parteichef kann er sich sparen. Der hatte ihn bewusst als außenpolitisch Andersdenkenden an seine Seite geholt und entrüstet sich jetzt, dass er anders denkt.
Dieser Streit in Parteigremien macht wenig Sinn, und Gauweiler kann ihn nur verlieren. Er ist zwei Wochen älter als sein Parteichef Seehofer. Beide werden im Sommer 66. Da wird der eine den anderen nicht überzeugen, zumal beide die Schafkopfregel kennen: Der Ober sticht den Unter.
Der Ausstieg aus der Parteihierarchie ist also konsequent und am Beispiel der Griechenlandpolitik überzeugend dargelegt. Der Verzicht auf das Mandat im Bundestag ist eher fragwürdig begründet. Gauweiler schrieb an Präsident Lammert, er könne den ihm vom Wähler erteilten Auftrag nicht mehr so ausführen, „wie ich es für richtig halte“.
Dort hat ihm kein Seehofer, keine Merkel und kein Kauder vorzuschreiben, was er zu reden und wie er zu stimmen hat. Keiner kennt so gut wie der Dr. jur. Gauweiler den Artikel 38 des Grundgesetzes, in dem der Satz steht: „Die Abgeordneten sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.“
Weil der Abgeordnete Gauweiler sich an diese Maxime gehalten hat, haben ihn seine Wähler immer wieder mit großer Mehrheit in den Bundestag geschickt. Er musste sich nie von einer ausgekungelten Parteiliste absichern lassen, weil er wegen seiner Persönlichkeit gewählt wurde. Die fehlt jetzt seinen Wählern und dem deutschen Parlament.
Was ihm nicht fehlen wird, sind die 9082 Euro Entschädigung, die ein Abgeordneter pro Monat erhält. Jeder Kundige kann nachzählen, dass die Summe fast komplett verrechnet wird mit den Ansprüchen aus seinen Tätigkeiten als Kreisverwaltungsreferent, Staatssekretär, Landtagsabgeordneter und Minister.
Das ist eine kleine Pointe seines Abschieds: Die brave Frau aus Schwaben, die an seiner Stelle in den Bundestag nachrückt, wird vermutlich weniger den Artikel 38 beherzigen, aber den Staat die komplette Entschädigung kosten.
Kopiert aus Focus 16/ 2015
Der Mann steht zu dem, was er denkt, und davon gibt es nicht allzu viele Politiker. Als konservativer Politiker und beschlagener Jurist kämpfte er auf der politischen Bühne genauso wie vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe für seine Meinung. Dass er dabei überwiegend den Kürzeren zog, schmälerte seine Macht, aber nicht sein Ansehen. Gauweiler hat aus seinem Herzen nie eine Mördergrube gemacht. Das rechne ich ihm an. Als Querkopf von rechts sollte er weiter seine Stimme erheben.
Eine Träne zu trocknen ist ehrenvoller als Ströme von Blut zu vergießen.
Lord George Gordon Noel Byron
Gesund bleiben !
Gruß Staber