Klage gegen 1,54 Euro Stundenlohn abgewiesen

Hier können aktuelle Themen getrennt voneinander auf gesonderten threads erörtert werden.

Re: Klage gegen 1,54 Euro Stundenlohn abgewiesen

Beitragvon Staber » Mi 9. Apr 2014, 18:38

Leute, alles menschlich, einige Anwälte und Richter sind eben auch nur Lumpen. Und die sind ja geschützt!

MfG
Eine Träne zu trocknen ist ehrenvoller als Ströme von Blut zu vergießen.
Lord George Gordon Noel Byron
Gesund bleiben !
Gruß Staber
Benutzeravatar
Staber
 
Beiträge: 12156
Registriert: Do 21. Apr 2011, 12:43
Wohnort: Bremen

Re: Klage gegen 1,54 Euro Stundenlohn abgewiesen

Beitragvon maxikatze » Do 10. Apr 2014, 15:26

Welcher Stundenlohn wäre, wenn nicht dieser, dann als Ausbeutung zu bezeichnen?
Könnte sich theoretisch jeder Arbeitgeber mit dem Argument "Gefälligkeit" oder "gut gemeinte Leistung" herausreden?

http://www.welt.de/wirtschaft/article12 ... dnung.html

Die genannte Arbeitsagentur will das Urteil nicht akzeptieren und will deshalb in Berufung gehen.
"Die größte Errungenschaft unserer freiheitlichen Kultur ist die Überwindung von Denkverboten." (Vince Ebert)
* * *
Bild
Benutzeravatar
maxikatze
Administrator
 
Beiträge: 24123
Registriert: Di 16. Dez 2008, 16:01
Wohnort: Sibirien ;)

Re: Klage gegen 1,54 Euro Stundenlohn abgewiesen

Beitragvon AlexRE » Do 10. Apr 2014, 16:05

Caloderma hat geschrieben:
Überraschung im Rechtsstreit um Lohndumping. Eine Arbeitsagentur in Südbrandenburg hat eine Niederlage erlitten, das Arbeitsgericht Cottbus wies die Klage des Jobcenters Oberspreewald-Lausitz gegen einen Rechtsanwalt wegen angeblicher Ausbeutung zu Mini-Löhnen ab.


http://www.t-online.de/wirtschaft/jobs/ ... nlohn.html

Da fehlem einem glatt die Worte ! Und die zwei ausgebeuteten dürfen wohl nun auch nicht kündigen, da sonst ihnen die Stütze für 3 Monate gekürzt wird. Also, sich weiter ausbeuten lassen. Dieser Kanzlei müsste die Zulassung entzogen werden.


"Sittenwidrig" heißt, dass der Arbeitsvertrag nichtig ist (§ 138 BGB = der Vertrag gilt als von Anfang an nicht vorhanden). Diese Interpretation des Urteils auf t-online.de ist also nicht richtig, weil die Sittenwidrigkeit für den Erstattungsanspruch des Jobcenters vollkommen ausreichen würde:

Diese Löhne seien zwar sittenwidrig, urteilte das Gericht. Der Anwalt habe aber nicht ausbeuterisch gehandelt: Die Beschäftigten hätten auf eigenen Wunsch unter diesen Konditionen angefangen, um wieder Fuß auf dem Arbeitsmarkt zu fassen.


Tatsächlich hat das Gericht den Spottlohn als nicht sittenwidrig angesehen, weil die verwerfliche Absicht zur Ausnutzung einer Zwangslage zusätzlich zu dem niedrigen Betrag Voraussetzung der Sittenwidrigkeit sei:

(...)

Ob ein sittenwidriger Lohn vorliege, dürfte davon abhängen, wie die zu erbringende Arbeitsleistung üblicher Weise zu bewerten ist, führte der Richter aus. Werde der im Wirtschaftszweig übliche Lohn um mehr als 1/3 unterschritten, so spreche man von einem sittenwidrigen Lohn.

Keine verwerfliche Absicht zur Ausnutzung einer Zwangslage erkennbar

Das Arbeitsgericht wies die Klagen der Jobcenter am 9. April 2014 ab. Zwar habe ein Missverhältnis zwischen der erbrachten Arbeitsleistung zweier Mitarbeiter des Beklagten und dem jeweils dafür entrichteten Entgelt vorgelegen. Allerdings konnte das Arbeitsgericht wegen der besonderen Umstände des Einzelfalls keine verwerfliche Absicht zur Ausnutzung einer Zwangslage der Mitarbeiter erkennen. Daher mussten die Klagen abgewiesen werden.


http://www.kostenlose-urteile.de/ArbG-Cottbus_13-Ca-1047713-und-13-Ca-1047813_Nicht-sittenwidrig-Anwalt-darf-Mitarbeitern-154-Euro-bzw-165-Euro-Stundenlohn-zahlen.news18030.htm

Die verwerfliche Gesinnung des Ausbeuters spielt zwar nach dem Wortlaut des Gesetzes tatsächlich eine Rolle:

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.


http://dejure.org/gesetze/BGB/138.html

Die Abzocke muss sich aber m. M. n. nicht unbedingt in feindlicher Absicht gegen einen willensschwachen Vertragspartner richten. Das gemeinschaftliche Abzocken des Steuerzahlers durch beide Vertragspartner ist quasi ein Vertrag zu Lasten Dritter, was grundsätzlich unzulässig ist und allein für die Begründung der Sittenwidrigkeit ausreicht.

Warten wir mal die nächste Instanz ab, ich glaube nicht, dass das Urteil Bestand haben wird.
Der Stuttgarter OB Rommel:

Ich trete überall, wo das notwendig ist, der Meinung entgegen, der Umstand, dass die Diktatur zu allem fähig war, berechtige dazu, die Demokratie zu allem unfähig zu machen.
Benutzeravatar
AlexRE
Administrator
 
Beiträge: 28097
Registriert: Di 16. Dez 2008, 15:24


Zurück zu Weitere aktuelle Themen

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 43 Gäste