Teil 2 - Mein Widerspruch vom 07.03.2012Lichtbildanforderung für die elektronische Gesundheitskarte
Sehr geehrte Damen und Herren,
mit Schreiben vom 02.03.2012 haben Sie mich gebeten, Ihnen mein Lichtbild für die Anfertigung der elektronischen Gesundheitskarte zu übersenden.
Gegen diese Lichtbildanforderung lege ich fristgemäß und unter Einhaltung der Formvorschriften
Widerspruch
ein.
Begründung:
1.
Die Anforderung des Lichtbildes stellt einen Verwaltungsakt dar, da in dem Schreiben auf die gesetzlich verankerte Pflicht der Versicherten zur Lichtbildbereitstellung hingewiesen wird. Da Ihr Aufforderungsschreiben dazu dient, die öffentlich-rechtliche Regelung in § 291 SGB V umzusetzen, liegt ungeachtet der äußeren Form des Schreibens ein öffentlich-rechtliches Handeln vor. Das Schreiben entfaltet für den Adressaten auch belastende Wirkung, da dieser ein Lichtbild anfertigen lassen muss und es anschließend übersenden muss.
2.
Die Lichtbildanforderung ist nach hier vertretener Auffassung rechtswidrig. § 291 SGB V verlangt, dass auf der Krankenversichertenkarte „Lichtbild und Unterschrift des Versicherten“ aufgebracht werden. Sinn dieser Regelung ist es, Missbräuche dadurch zu verhindern, dass die eGK mittels Lichtbild und Unterschrift ähnlich dem Personalausweis oder Reisepass zu einem Ausweis- und Identifikationsdokument ausgestaltet wird. Dies ergibt sich auch klar aus Anlage 4a des BMV-Ä. Dort heißt es in Anhang 1 unter Ziffer 1.2.:
„Der Arzt ist verpflichtet, die Identität des Versicherten zu prüfen. ... Die Identität des Versicherten ist anhand der auf der elektronischen Gesundheitskarte aufgebrachten Identitätsdaten (Lichtbild, Unterschrift, Name, Vorname, Geburtsdatum) zu prüfen.“
Eine solche Identitätsprüfung durch den Arzt ist aber nur möglich, wenn bereits bei der Herstellung der eGK ein identitätsgeprüftes Lichtbild verwendet worden ist. Ich verweise ergänzend auf eine im Internet veröffentlichte Broschüre des BMG mit der Bezeichnung „Die elektronische Gesundheitskarte“. Dort heißt es auf Seite 10: „Das aufgedruckte Foto weist einen Versicherten zweifelsfrei als Inhaberin oder Inhaber der Karte aus.“ Auch hat das BMG durch Frau Staatssekretärin Caspers-Merk auf eine Bundestagsanfrage mit der Arbeitsnummer 11/75, die die Notwendigkeit einer Identitätsprüfung durch die Krankenkassen bei Ausgabe der eGK betraf, im No¬vember 2008 dahingehend Stellung genommen, dass zwar die Ausgestaltung des Ver¬fahrens in der Zuständigkeit der Krankenkassen liege, dabei aber Verfahren zu bevorzugen seien, die eine Identitätsprüfung der Versicherten beinhalten.
Ohne eine solche Prüfung wird es weiterhin Missbräuche gerade durch jene Personen geben, die auch bisher schon in betrügerischer Weise zum Schaden der Versicherten Leistun-gen der Krankenkasse erschlichen haben. Solange in dem Verfahren zur Ausgabe der eGK nicht sichergestellt ist, dass die eGKs auch tatsächlich mit einem Foto des Karteninhabers versandt werden, kann die eGK ihre gesetzlich vorgesehene Funktion nicht erfüllen. Insbesondere wäre es nicht möglich, die eGK in der im BMV-Ä vorgesehenen Art und Weise zu verwenden.
3.
Die eGK in ihrer vorgesehenen Form verstößt gegen das Grundrecht der Versicherten auf informationelle Selbstbestimmung, da der Versicherte keine Möglichkeit mehr hat, seine dann ausgelagerten medizinischen Daten (die gemäß § 35 SGB I besonders geschützt werden müssen) zu kontrollieren und deren Speicherung, Nutzung und Weitergabe ggf. zu unterbinden.
Außerdem sind – wie ja diverse Hackerangriffe etc. beweisen – das Internet als Übertragungsmedium und eine zentrale Serverarchitektur zur Speicherung der Daten nicht vereinbar mit den vom Bundesverfassungsgericht klar definierten Grundrechten auf informationelle Selbstbestimmung und auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme.
Daher sind nach hier vertretener Rechtsauffassung die gesetzlichen Grundlagen der eGK (§ 291a SGB V u. a.) verfassungswidrig.
Sie sind auch verfassungswidrig, weil sie nicht den Grundsätzen der Normenklarheit und der Verhältnismäßigkeit entsprechen.
Sie sind auch verfassungswidrig, weil es im vorgesehenen Verfahren und in dessen gesetzlichen Grundlagen an Vorkehrungen mangelt, die der Gefahr einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Versicherten wirksam entgegenzuwirken vermögen. Ebenso mangelt es an Vorkehrungen, die den Kernbereich privater Lebensgestaltung der Versicherten – zu dem Sozialdaten und insbesondere medizinische Daten zweifellos gehören – wirksam zu schützen vermögen.
Aus diesen Gründen verletzen die Rechtsgrundlagen der eGK auch Artikel 8 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK).
4.
Zur weiteren und ausführlichen Begründung dieses Widerspruchs wird auf die folgenden Urteile des Bundesverfassungsgerichts verwiesen:
– Volkszählungsurteil vom 15.12.1983, Az. 1 BvR 209, 269, 362, 420, 440, 484/83, BVerfGE 65, 1, siehe bspw.
http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv065001.html,
– Urteil vom 27.02.2008, Az. 1 BvR 370/07, 1 BvR 595/07, siehe bspw.
http://www.bundesverfassungsgericht.de/ ... 37007.html5.
Außerdem wird zur weiteren und ausführlichen Begründung verwiesen auf
– die Homepage der Initiative „Stoppt die e-Card“, zu finden unter
http://www.stoppt-die-e-card.de/ und
– die Homepage von Liste Neuanfang e. V.,
www.liste-neuanfang.org. Auch dort geht es u. a. um den Kampf gegen den datenschutzrechtlichen Irrsinn namens eGK.
Um es kurz zusammenzufassen:
Sie werden von mir kein Lichtbild für die eGK erhalten, egal was Sie noch anstellen und mir erzählen / einreden wollen. Niemals. Ich habe nämlich kein Interesse daran, meine medizinischen Daten und meine sonstigen Sozialdaten einem verfassungswidrigen IT-Monster auszuliefern, das jedem staatlichen und jedem nichtstaatlichen Spitzel oder Hacker und allen sonstigen interessierten Datensammlern und Datenhändlern Freudentränen in die Augen treiben würde.
Ich fordere Sie daher auf, umgehend einen klagefähigen Widerspruchsbescheid zu erlassen. Ich werde dieses Verfahren dann durch alle sozialgerichtlichen Instanzen führen und notfalls vor das Bundesverfassungsgericht und / oder den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bringen.
Aus gegebenem Anlass (meine frühere Krankenkasse meint, sie verpflichtende Regelungen hinsichtlich der Frist, innerhalb derer ein Widerspruchsbescheid zu erlassen ist, wären nur eine unverbindliche Empfehlung und sie könne deswegen folgenlos dagegen verstoßen; hierzu läuft derzeit ein Verfahren vor dem SG Düsseldorf) weise ich darauf hin, dass die gesetzlich bestimmte Frist zur Bescheidung eines Widerspruchs 3 Monate beträgt (§ 88 Abs. 2 SGG). Nach fruchtlosem Fristablauf werde ich unverzüglich Untätigkeitsklage erheben.
Jegliche Nutzung / Weitergabe meiner persönlichen Daten ist strikt untersagt, insbesondere werde ich sämtliche noch folgende Anforderungen eines Lichtbilds für die eGK als missbräuchliche Verwendung meiner persönlichen Daten straf- und zivilrechtlich ahnden lassen. Die Sachlage und der Frontverlauf in diesem Krieg um die Hoheit der Versicherten über ihre Sozialdaten und über die Grundrechte der Versicherten sind schließlich – siehe oben – eindeutig geklärt, weitere Aufforderungen Ihrerseits zur Abgabe des Lichtbilds sind also sinnlos, nutzlos und verzichtbar und damit rechtswidrig.
Mit freundlichen Grüßen