Warnung vor den dunklen Seiten des Kapitalismus

Hier wird das wirtschaftspolitische Profil für die Zeit nach der 2. Parteigründung diskutiert.

Warnung vor den dunklen Seiten des Kapitalismus

Beitragvon Staber » Di 12. Nov 2013, 23:09

Von Georg Jauken
Berne. Wirtschaftswunder, blühende Landschaften und Exportüberschüsse: Wer die deutsche Wirtschaft vor allem damit verbindet, übersieht, was sich hinter den Kulissen abspielt. Sagt zumindest Hans See, ehemaliger Professor an der Fachhochschule Frankfurt. See hat es sich zur Aufgabe gemacht, die dunklen Seiten der Wirtschaft auszuleuchten. Was er dabei entdeckt hat, berichtete er jetzt im Rahmen der Berner Bücherwochen in der Kulturbühne
Großkonzerne enteignen mit kriminellen Machenschaften kleine und mittelständische Betriebe – davon ist der Referent Hans See überzeugt. Die Wirtschaft leistet massiven Widerstand gegen jegliche staatliche Einmischung in ihre Geschäftspolitik – so die Hauptthese des 79-Jährigen. Notfalls weiche sie in rechtsfreie Räume oder in Diktaturen aus. Oder neutralisiere mittels Bestechung oder Erpressung missliebige öffentliche Kontrollen, Gesetze und gewerkschaftliche Mitbestimmungsrechte.See erinnerte an die Siebzigerjahre, als Mercedes-Benz in Argentinien von der Bekämpfung störender Betriebsräte durch die Militärs profitiert habe, und erzählte von einem Unternehmen, das seine Produktion von China zurück nach Deutschland verlegt habe. Der Grund: Die zunehmenden Rechte chinesischer Arbeiter, Streiks und höhere Umweltauflagen hätten die Wettbewerbsvorteile inzwischen aufgezehrt.Oft sei das Ausweichen des Kapitals in rechtsfreie Räume jedoch gar nicht nötig, so See, da die Gesetzgebung der bürgerlichen Demokratien von Beginn an auf die Interessen der Besitzenden ausgerichtet worden sei. Ausdruck davon sei das Dreiklassenwahlrecht in Preußen, das der kleinen Gruppe der großen Steuerzahler von vornherein den größten Einfluss im Parlament sicherte. Die Mittel, sich Vorteile zu sichern, haben sich nach Meinung des Referenten wesentlich verändert. Die Zerstörung des Urwalds in Brasilien zulasten der Einheimischen und zum Wohle westlicher Konzerne geschehe beispielsweise völlig legal. Nach den Gesetzen legal, aber in Wirklichkeit „das gigantischste Wirtschaftsverbrechen seit dem Zweiten Weltkrieg“ war für Hans See die Arbeit der Treuhandanstalt, die die Betriebe der ehemaligen DDR abwickelte.Weitere Beispiele für die kriminelle Energie der Konzerne sieht der Referent in illegalen Rüstungsexporten und Geldwäsche. See berichtete von Steuer- und Zollfahndern, die nach der Aufdeckung solcher Fälle versetzt oder für psychisch krank erklärt wurden. Menschen wie der Soldat Bradley Manning, der zu 35 Jahren Haft verurteilt wurde, weil er geheime Dokumente über die Vergehen von USA-Soldaten im Irak an die Enthüllungsplattform WikiLeaks weiterreichte, und auch Edward Snowden sind für Hans See tragische Helden – sie bekämen die ganze Macht des Systems zu spüren. Die FDP-Politiker Flick und Lambsdorff hätten dagegen nach ihrer Verurteilung wegen Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit der illegalen Parteispendenpraxis der Siebzigerjahre erst richtig Karriere gemacht.
Diese und weitere Beispiele, auf die er vor vielen Zuhörern in Berne einging, sind Sees Ansicht nach Belege für ein kriminelles Wirtschaftssystem. „Der Untergrundkapitalismus ist hochgefährlich, weil er außer Kontrolle ist“, warnte der Referent. Denn Leidtragende seien die Demokratie und die Menschen, die nichts als ihre Arbeitskraft besäßen.

Kopiert aus dem Weser-Kurier vom 12.11.2013
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Re: Warnung vor den dunklen Seiten des Kapitalismus

Beitragvon AlexRE » Mi 13. Nov 2013, 00:06

Dieser Staatsanwalt hat sein Buch im heutigen Mittagsmagazin von ARD und ZDF vorgestellt:

Staatsanwalt warnt vor organisierter Kriminalität

Deutschland, Verbrecherland?

Über 30 Jahre ermittelte der Kölner Staatsanwalt Egbert Bülles gegen Drogenbanden, Mafiakartelle und Rockergangs. Nicht nur auf der Straße, auch im Justizvollzug und in der Politik. Mit LTO spricht der Insider über sein neues Buch "Deutschland, Verbrecherland?", und warnt: Deutschland befinde sich im Würgegriff der organisierten Kriminalität. Übertriebene Panikmache oder überfälliger Weckruf?

(...)


http://www.lto.de/recht/feuilleton/f/egbert-buelles-buch-deutschland-verbrecherland-organisierte-kriminalitaet/

Ich hoffe ja, dass er aus Marketinggründen etwas übertrieben hat ... :|
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Re: Warnung vor den dunklen Seiten des Kapitalismus

Beitragvon maxikatze » Mi 13. Nov 2013, 07:57

Ich hoffe ja, dass er aus Marketinggründen etwas übertrieben hat ..


Nö, er hat die Sache schon richtig eingeschätzt, wenn er sagt, dass die Kriminalität, importiert aus Südosteuropa, noch weiter zunehmen wird.
Ich verstehe die Politik nicht, dass sie nicht mit entsprechenden Gesetzen mit aller Härte dagegen vorgeht.
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Re: Warnung vor den dunklen Seiten des Kapitalismus

Beitragvon AlexRE » Mi 13. Nov 2013, 13:23

maxikatze hat geschrieben:
Ich hoffe ja, dass er aus Marketinggründen etwas übertrieben hat ..


Nö, er hat die Sache schon richtig eingeschätzt, wenn er sagt, dass die Kriminalität, importiert aus Südosteuropa, noch weiter zunehmen wird.
Ich verstehe die Politik nicht, dass sie nicht mit entsprechenden Gesetzen mit aller Härte dagegen vorgeht.


Guck`Dir mal die Kommentare zu dem lto.de - Artikel an. Diese Rechtskundigen legen den Ex - Oberstaatsanwalt einfach mal eben in der Schublade "Rechtspopulist" ab und fertig. Dem setzen sich Politiker lieber nicht aus.
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Re: Warnung vor den dunklen Seiten des Kapitalismus

Beitragvon Staber » Mi 13. Nov 2013, 14:36

maxikatze hat geschrieben:
Ich hoffe ja, dass er aus Marketinggründen etwas übertrieben hat ..


Nö, er hat die Sache schon richtig eingeschätzt, wenn er sagt, dass die Kriminalität, importiert aus Südosteuropa, noch weiter zunehmen wird.
Ich verstehe die Politik nicht, dass sie nicht mit entsprechenden Gesetzen mit aller Härte dagegen vorgeht.


Hi Maxi!

Mit "aller Härte" haben unsere Politiker so ein Problem. Wenn sie selbst mal so richtig in die Sche+ße packen, was Kriminalität anbelangt, Beispiele gibt es ja genug,dann müssten sie ja auch " mit aller Härte" bestraft werden, oder? Also lassen wir das alles so wie es ist.

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Re: Warnung vor den dunklen Seiten des Kapitalismus

Beitragvon maxikatze » Sa 16. Mai 2015, 14:10

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Re: Warnung vor den dunklen Seiten des Kapitalismus

Beitragvon AlexRE » Di 27. Okt 2015, 07:54

Wirtschaft in der Schule: Arbeitgeber-Lobby stoppt Unterrichtsbuch

Mit einem 356-Seiten-Buch wollte die Bundeszentrale für politische Bildung Lehrern helfen, Wirtschaftswissen besser zu vermitteln. Doch dem Arbeitgeberverband missfiel das Werk. Er lobbyierte kräftig - mit Erfolg.

(...)

Besonders echauffiert hatte sich Arbeitgeber-Geschäftsführer Clever in seinem Brandbrief übrigens über das Kapitel zum Thema Lobbyismus. Es werde ein "monströses Gesamtbild von intransparenter und eigennütziger Einflussnahme der Wirtschaft auf Politik und Schule gezeichnet", schrieb er darin.

Vielleicht ist ja auch der Versuch des BDA, ein Wirtschaftsbuch aus dem Verkehr zu ziehen, künftig ein gutes Beispiel für den Unterricht.


http://www.spiegel.de/schulspiegel/lobb ... 59654.html

Vielleicht sollte man sich auch in der Wirtschaft Gedanken darüber machen, ob solche hoch bezahlten Dummköpfe wirklich gute Interessenvertreter sein können. Lobbyisten und Manager bilden eigene Klassen, deren Interessen nicht immer mit denen der vertretenen Unternehmenseigentümer deckungsgleich sein müssen.
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Re: Warnung vor den dunklen Seiten des Kapitalismus

Beitragvon AlexRE » Do 24. Aug 2017, 14:37

Das ist nicht die einzige Branche, in der dieser Trick immer wieder für Mindestlohnunterschreitungen angewendet wird. Die sind aber mindestens eine Ordnungswidrigkeit, u. U. sogar strafbar.

Zeitungszusteller kämpfen um den Mindestlohn

(...)

Wie viele andere Zeitungsverleger berechnen auch die "Grafschafter Nachrichten" die Zeit, in der ihre Zusteller die Zeitungen austeilen sollen, mit einem Geo-Informationssystem. Nun beschweren sich inzwischen Zusteller bundesweit: Die sogenannte Sollzeit sei nicht ausreichend. Verdi kennt das Problem: "Wir hören von den Betriebsräten immer wieder, dass die Zeit, die der Arbeitgeber vorgibt, nicht richtig ist", sagt Rachel Marquardt von Verdi. So werde versucht, den Mindestlohn zu drücken.

(...)


http://www.ndr.de/nachrichten/niedersac ... er106.html
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Re: Warnung vor den dunklen Seiten des Kapitalismus

Beitragvon Staber » Do 24. Aug 2017, 21:48

Es geht ja nicht nur um die Zeitungszusteller. Auch viele private Briefzusteller bekommen keinen Mindestlohn, denn diese sind wie die Zeitungszusteller von den Verlagen in Zustellvertriebsgesellschaften ausgelagert.Tja, liebe Zeitungsboten. Da bleibt wohl nichts anderes übrig, als es sich gefallen zu lassen oder zu streiken. Auf die weichgespülten Gewerkschaften und sogenannten Sozialdemokraten könnt Ihr Euch dabei aber nicht verlassen, die hauen Euch eher noch in die Pfanne.
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Re: Warnung vor den dunklen Seiten des Kapitalismus

Beitragvon AlexRE » So 11. Feb 2018, 20:19

Auf Facebook gesehen und kommentiert:

PANORAMA DPD-PAKETDIENST ENGLAND

Er traute sich nicht freizunehmen – Kurier stirbt an Diabetes

(...)

Doch nicht nur wurde Lane nicht bezahlt, wenn er sich zu schlecht fühlte, um zu arbeiten: Der Paketdienst habe ihm auch immer wieder Strafen von 150 Pfund (rund 170 Euro) angedroht, sollte er keine Ersatz für seinen Touren finden, wie seine Frau Ruth Lane nun dem englischen „Guardian“ berichtet. Der Druck, die Pakete in einem bestimmten Zeitraum auszuliefern, sei riesig gewesen, sagt die Witwe. Deshalb habe ihr Mann des Öfteren wichtige Arzttermine in letzter Minute absagen müssen, wenn er mit den Zustellungen nicht fertig geworden sei.

(...)

Seinen letzten Zusammenbruch erlitt Lane Ende Dezember 2017, als er trotz seines schlechten gesundheitlichen Zustands die gesamte Weihnachtszeit durchgearbeitet hatte. Er habe Blut gespuckt und immer wieder gesagt, dass er nicht arbeiten wolle, aber müsse, sagte seine Frau. Von dem Zusammenbruch erholte er sich nicht: Er starb ab 4. Januar in einem Krankenhaus in Bournemouth in Südengland. Neben seiner Frau Ruth hinterlässt Lane den gemeinsamen erwachsenen Sohn des Paars.

(...)


https://www.welt.de/vermischtes/article ... betes.html


>> Deshalb wo immer man kann sollte man vermeiden, dieser Firma auch nur noch einen Cent zukommen zu lassen. <<

Selbst Konsumenten, die ihre Nachfragemacht in den Dienst des Rechts und der sozialen Vernunft stellen wollen, können hier praktisch nichts machen.

Alle Paketdienste gehen brutal mit Subunternehmern und deren Angestellten um. Also müsste man ganz auf Einkäufe im Internet verzichten, um nur noch bei klassischen Einzelhändlern einzukaufen. Die lassen sich heutzutage aber auch ständig von Paketdiensten beliefern. Deshalb ist man ausgebremst.

In Märkten, die von absolutem Preiswettbewerb ohne Ausweichmöglichkeiten auf Qualitätswettbewerb geprägt sind, setzt sich betriebswirtschaftlich nützliches und sozial destruktives oder auch rechtswidriges Verhalten immer durch.

Wer sich als Unternehmer dagegen stemmen will, gibt seine Marktanteile unweigerlich an die Menschenschinder ab.

Dagegen kann man nur durch Gesetze etwas ausrichten. Das unternehmerische Risiko, bei rechtswidrigen Machenschaften erwischt zu werden, muss höher sein als die in höheren Profiten liegenden Marktchancen.

In Deutschland gibt es aber keine Politiker, die für ein knallhartes Vorgehen gegen Wirtschaftskriminalität streiten. Also müssen sich die deutschen Wähler an ihre Nase fassen und nicht die Konsumenten.
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