Der Abgeordnete und die Volksabstimmung

Soll die neue Verfassung Volksabstimmungen nach bekanntem Muster vorsehen oder muss man über neue, auf die Bundesrepublik zugeschnittene Modelle nachdenken?

Re: Aktuelles:_Thema_des Tages

Beitragvon Uel » So 3. Okt 2010, 10:08

Pamphlet >zum "Jubeltag der Demokratie"<:

Hätte Mappus damals 1989 schießen lassen?

Heute feiern wir und besonders unsere professionellen Erbauungsredner in Bremen 20 Jahre friedliche Revolution. Diese friedliche Revolution ist ohne Zweifel eine der größten kulturellen und politischen Leistungen, die Deutschland je hervorgebracht hat und Ostdeutsche haben sie geleistet.

Es war eine Sternstunde der Demokratie!

Ich frage mich, ob heute beim Jubeln die Selbstkontrolle so weit geht, um die Stuttgarter Geschehnisse kritisch einzuordnen. Das Wut und Verbitterung schürende Verhalten eines bisher noch nicht vom Volk gewählten Ministerpräsidenten lässt große Zweifel aufkommen. Der Mann ist noch in der Probezeit. Das Problem wurde nicht zu einem Sachthema deeskaliert, zu dem man durchaus unterschiedliche Meinungen haben kann. Nein, es muss die Systemfrage sein, es sei das System Konservatismus in BW, das in Gefahr geräte, - also ein Erpressungsversuch CDU-Mitgliedern und CDU-Wählern gegenüber, die nun auch mal gegen das Projekt sein können.

Und weil die Israelis so gewaltige Friedenserfolge mit >Weiterbauen< haben, so kann man in Stuttgart auch nicht innehalten und den Frieden suchen. Weil man mit dem Umlegen alter Bäume nachhaltigere Fakten schaffen kann, als mit Gebäude demolieren (die kann man notfalls wiederaufbauen), so musste es eine knüppelnde Staatsmacht mit allen Mitteln durchsetzen, einen Bürgerpark in ein Schlachtfeld zu verwandeln.

Eine Stunde der Scham für die Demokratie!

Von Ostdeutschen lernen heisst, Demokratie lernen.

Ich bin mir nicht sicher, aber ich fürchte, Mappus hätte als "rechtmäßiger Leiter der Institutionen" damals 1989 in der DDR schießen lassen.
Liebe Grüße
von Uel

Generalfeldmarschall Helmuth von Moltke: --- Kein Plan übersteht den ersten Feindkontakt --- (gefunden bei Vince Ebert) Mein Zusatz: ... der Feind kann auch Realität heißen!
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Re: Aktuelles:_Thema_des Tages

Beitragvon AlexRE » So 3. Okt 2010, 19:51

Uel hat geschrieben:Von Ostdeutschen lernen heisst, Demokratie lernen.


Leider gibt es auch Ostdeutsche, die von Westdeutschen gelernt haben...

Bild
Der Stuttgarter OB Rommel:

Ich trete überall, wo das notwendig ist, der Meinung entgegen, der Umstand, dass die Diktatur zu allem fähig war, berechtige dazu, die Demokratie zu allem unfähig zu machen.
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Re: Aktuelles:_Thema_des Tages

Beitragvon Uel » Mo 4. Okt 2010, 10:52


@Alex,
genial, Deine Analogie, hat mich sehr erfreut….
Liebe Grüße
von Uel

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Re: Aktuelles:_Thema_des Tages

Beitragvon Uel » Mo 4. Okt 2010, 10:57

www.wdr5.de/sendungen/tagesgespraech/s/kommentare/d/04.10.2010-09.20/b/stuttgart-21-eine-neue-protestkultur-und-demokratische-beschluesse.html?tx_comments_pi1[page]=3&cHash=0ca7412ace



Mein Beitrag heute auf Tagesgespräch auf WDR5 zu:
Stuttgart 21 - Eine neue Protestkultur und demokratische Beschlüsse

Der Stimme des Unternehmers in der Sendung, der Nichtfachleuten jegliche Beurteilungskompetenz absprachen sei zugerufen: Man braucht kein Autokonstrukteur sein, um beurteilen zu können ob man ein gut oder schlecht funktionierendes erwischt hat. Der Laie, der Mensch an sich hat ein sehr sensibles Gefühl für Unstimmigkeiten.
Im Gegensatz zu seinen Angestellten, den Politikern, hat der Bürger, der Souverän, sogar das Recht sich falsch zu entscheiden. Denn ich habe das Recht, mit meinem Geld sogar meine Pfeife an zu zünden, mein Angestellter ohne mich speziell zu befragen hat dieses Recht mit meinem Geld niemals.

Und denjenigen, die Demokratie mit Bürokratur oder Lobbykratur verwechseln sei gesagt: Der Bürger kann wie jeder Firmeneigner seine Meinung ändern, dazu braucht es noch nicht einmal neue Fakten, denn wie gesagt, er ist der Souverän!
Aber er hat sogar die Pflicht seine Meinung zu ändern, wenn die Kosten unverhältnismäßig steigen. Denn offensichtlich haben seine gewählten Politiker kein ausreichendes Verantwortungsgefühl für das von ihnen zu leistende Schuldenmanagement.
Jeder Private Bauherr hat das Recht, und dieses Recht haben ihm Gerichte mehrfach bestätigt, bei mehr als 20% Kostenerhöhung bei Bauprojekten die Verantwortlichen zum Teufel zu jagen.

Und abschließend zum selbsternannten Lehrmeister in Sachen Demokratie: Dem Herrn Mappus scheint in weniger als 2 Jahren seine Macht derart in den Kopf gestiegen zu sein, dass er die Grundlagen seines Arbeitsvertrages vergessen hat: Im Gegensatz zu allen seinen Vorgängern ist er nicht demokratisch gewählt. Der Mann ist von seinem Vorgänger vorgeschlagen und eingesetzt worden und muss vom Souverän erst noch gewählt werden.

Der Mann, dieser Angestellte des Souveräns ist noch in der Probezeit!!!

Jeder andere Politiker in BW hat mehr Legitimation als Herr Mappus:
Er ist über den Weg der Feigheit, des Halbzeitwechsels, des eine halbe Amtszeit zum Kandidaten mit Amtsbonus Aufbauens an die Macht gekommen. Warum tritt ein Ministerpräsident nicht gleich nach der Wahl zurück und man hat großzügige 4 Jahre um den Nachfolger aufzubauen? Weil noch ein Rest an Schamgefühl besteht und alle würden zu Recht Wahlbetrug schreien. Aber was ist der Unterschied in der Entmündigung des Wählers ob ein Kandidat 4, 3, 2, oder 1 Jahr ohne Legitimation durch den Wähler regiert. Gedacht war dies Instrument für den Notfall, wenn der Amtsinhaber zu Tode kam, aber sicherlich nicht als Regelfall für den sicheren Machterhalt einer Partei.

PS.: Bei einem vorzeitigen Amtswechsel sollten innerhalb 9 Monaten Neuwahlen stattfinden, alles andere halte ich für undemokratisch, auch schon im Hinblick auf die Chancengleichheit des jeweiligen Oppositionskandidaten.
Liebe Grüße
von Uel

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Re: Aktuelles:_Thema_des Tages

Beitragvon AlexRE » Di 5. Okt 2010, 13:20

Impressionen vom "Tag der deutschen Einheit" in Stuttgart:

Bild

Quelle: realfragment.de
Der Stuttgarter OB Rommel:

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Re: Aktuelles:_Thema_des Tages

Beitragvon AlexRE » Do 7. Okt 2010, 12:28

Ein Beitrag einer Teilnehmerin des privaten Forums und meine Antwort darauf:

diorella2 hat geschrieben:Hi Uel,

..neeee keine neue Protestkultur...nur überhaupt -mal wieder -Protest! Allerdings: ein bischen spät diese Empörung...findest Du nicht?

Jetzt sammeln die Stuttgarter auch noch Unterschriften für die Auflösung ihres Landesparlaments.. wie (entschuldige bitte) schwachmatisch ist das denn???

Und: leider lassen sich diese bürgerlichen Protestler vor den Karren der Grünen und der Linken ..und auch ein wenig vor den der SPD...spannen....und warum sind diese Oppositionsparteinen wohl so außerordentlich interessiert daran??? Wenn am nächsten Sonntag gewählt werden würde (auch im Bund) hätten wir wahrscheinlich eine Rot-Grüne Minderheitsregierung( inkl. Duldung durch die Linke) unter Kanzler Trettin. Wer will das denn???? Das wäre doch ein Kathastrophe für unser Land und ein Grund um auszuwandern!!! Und zwar schnellstens....

Der liebe Gott möge uns vor diesem Desaster verschonen....und das wünscht sich ein Agnostikerin..

LG Diorella



... oder es käme plötzlich wie weiland Schill in Hamburg eine ganz neue Kraft aus dem Nichts auf einen zweistelligen Prozentsatz der Stimmen. Mittlerweile kann man auch so etwas nicht mehr ausschliessen.
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Re: Aktuelles:_Thema_des Tages

Beitragvon Uel » Fr 8. Okt 2010, 15:17

@Diorella,
>>>..neeee keine neue Protestkultur...nur überhaupt -mal wieder -Protest! Allerdings: ein bischen spät diese Empörung...findest Du nicht?<<<

Nein, finde ich nicht! Man kann schlecht gegen entstehende Planung protestieren, weil natürlich immer die Ausrede der Planungsbeteiligten sein wird, einige Punkte der Kritik würden bei der weiteren Planungsvertiefung sicher noch gelöst werden. Auch kann es sein, dass jemand nur aus erhöhten Kostengründen gegen das Projekt ist, und das ist sein gutes Recht, z. B. bis 3 Milliarden ist es mir wert und gilt die Unterschrift und dann ist aber Schluss!
Kostenüberschreitungsdaten werden von der Projektpromotion erfahrungsgemäß immer möglichst spät veröffentlicht, sie entstehen auch sehr spät, meist bei der Vergabe, wenn klar wird, was Alles an Banalem vergessen wurde. Außerdem wird man ja schließlich nicht so dumm sein, seinen Arbeitsplatz selbst abzuschießen. Daher dürfen wesentliche, unerwartete Kosten erst dann bekannt werden, wenn die Kosten für den Abbruch eines Projektes ausreichend groß geworden sind.


>>>Jetzt sammeln die Stuttgarter auch noch Unterschriften für die Auflösung ihres Landesparlaments.. wie (entschuldige bitte) schwachmatisch ist das denn???<<<
Ich hingegen finde das aus dem Selbstverständnis des Souveräns für längst überfällig, hätten wir damals bei Clement in NRW auch machen sollen, Argumente siehe unter meinen Ausführungen zu Halbzeitwechsel und der Feigheit gegenüber dem Wähler.

>>>Und: leider lassen sich diese bürgerlichen Protestler vor den Karren der Grünen und der Linken ..und auch ein wenig vor den der SPD...spannen....und warum sind diese Oppositionsparteinen wohl so außerordentlich interessiert daran??? Das wäre doch ein Kathastrophe für unser Land und ein Grund um auszuwandern!!! Und zwar schnellstens....<<<

Wird hier nicht das bewährte Diskreditierungsspielchen der Medien übernommen, das Karreneinspannargument ist einer der Joker für unfaire Verlierer, ein generelles Entmündigungsbemühen,- man verwechselt Ei und Henne? Ich denke, die Fahnenträger der Opposition haben ihre Aufgaben (hartnäckige Kontrolle der Regierung) verschlafen und sind gerade dabei, sich vom Ende des Demonstrationszugs zur Spitze durchzudrängeln. Ich denke nicht, dass es dort ein in der Demokratie für die Opposition untypischer Platz ist.

>>>Wenn am nächsten Sonntag gewählt werden würde (auch im Bund) hätten wir wahrscheinlich eine Rot-Grüne Minderheitsregierung( inkl. Duldung durch die Linke) unter Kanzler Trettin. Wer will das denn????<<<

Subjektiv gefühlt mag der Satz für Dich ja richtig zu sein, objektiv ist er unlogisch. Wenn die Mehrheit eine andere Farbe will, dann ist es die Mehrheit, Nichts anderes als die Mehrheit. Wenn man unter demokratischen Regeln angetreten ist, dann ist die Frage >>>wer will das denn?<<< unzulässig, denn Mehrheit ist und bleibt Mehrheit. Natürlich ist es für die ehemalige Mehrheit, die zur Minderheit wurde äußerst unbequem, die >>will das denn<< sicherlich nicht.
Apropos Auswandern: wenn Du nur das halbe Deutschland schätzt, also der andern Hälfte keinerlei Chancen einzuräumen bereit bist, so solltest Du unabhängig von momentanen Konstellationen Dir ein genehmeres politisches Plätzchen auf dieser Welt erobern, man wird ja schließlich nicht jünger und damit wird es immer schwieriger. Ich habe so manches Jahr in meinem nicht mehr ganz frischen Leben Regierungen ertragen müssen, die ich wahrhaftig nicht gut fand und bin dennoch nicht ausgewandert. Scheint wie beim Scheidungsboom: sobald die ersten Problemchen auftauchen haut man in den Sack, was für die Ehen in Mode kam, gilt inzwischen nun zunehmend für Staaten, dem Doku-TV sei Dank.
Liebe Grüße
von Uel

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Re: Aktuelles:_Thema_des Tages

Beitragvon Uel » Fr 8. Okt 2010, 16:08

>>>sondern Forderungen nach immerwährenden demokratischen Abstimmungprozessen laut werden<<<

@ Diorella,
...hier wird aber nun maßlos übertrieben, einen immerwährenden Abstimmungsprozess in der BRD, dass soll wohl ein Witz sein! Vor Wochen jammerte hier noch die Mehrheit, wie viel sich die Deutschen gefallen lassen, wir könnten was lernen, von unsern lieben Nachbarn, den Franzosen.

Zynismus an: :lol:
Und nun demonstrieren sie, bürgerlich, friedlich und viel weniger eigennützig als die Nachbarn, und schon wird wieder vom Untergang des demokratischen Rechtstaates schwadroniert. Weil ja auch die Hürden für diese >>>immerwährenden demokratischen Abstimmungsprozesse<<< so extrem niedrig sind, haben wir damit täglich zu tun. War ich in den letzten Jahren zu fraglichen Zeit immer im Urlaub, oder ist es richtig, dass es in "unserm Städtchen" noch keine Demonstration gegeben hat?
Zynismus aus! :lol:
Liebe Grüße
von Uel

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Re: Aktuelles:_Thema_des Tages

Beitragvon AlexRE » Fr 8. Okt 2010, 17:25

Uel hat geschrieben:hier wird aber nun maßlos übertrieben, einen immerwährenden Abstimmungsprozess in der BRD, dass soll wohl ein Witz sein! Vor Wochen jammerte hier noch die Mehrheit, wie viel sich die Deutschen gefallen lassen, wir könnten was lernen, von unsern lieben Nachbarn, den Franzosen.


Dazu muss man aber sagen, dass Franzosen und Südeuropäer sich in der Art und Weise, wie wir das jetzt in Stuttgart miterleben, immer dann wehren, wenn sie durch irgendeine finanzielle Verschlechterung, Erhöhung des Renteneintrittsalters u. ä. ganz unmittelbar selbst betroffen sind.

Dass eine so grosse Zahl von Menschen bei staatlichen Grossprojekten und den damit verbundenen fiskalischen und ökologischen Problemen "mitdenkt" und die parlamentarische Entscheidung dann verhindern will (siehe auch Transrapid), ist scheinbar ein deutsches Phänomen.

Hier übrigens ein Interview mit einem Richter a. D., der in die Auseinandersetzungen geraten ist:

http://www.ustream.tv/recorded/10000058
Der Stuttgarter OB Rommel:

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Re: Aktuelles:_Thema_des Tages

Beitragvon Uel » Fr 8. Okt 2010, 22:14

@Alex

... ja, genau das habe ich gemeint, mit >>>viel weniger eigennützig<<<.
Liebe Grüße
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